Nevermind.

Einer dieser Tage ohne Worte. Tage, an denen ein „Hallo“ schon zu viel verlangt ist. Ein Lächeln nicht denkbar.
Tage, an denen die Musik umso lauter sein muss. Die Welt da draußen, aber ich habe Kopfhörer.
Nur die Katze hat Zutritt. Schmiegt sich warm und weich in meine Hand. Na los, beiß mich, denke ich und sie tut es. Beißt immer nur mich.

Ich kann nicht, kann nicht, kann nicht. Kann mich nicht um das schmutzige Geschirr kümmern. Kann nicht rausgehen. Kann nicht diese Mail schreiben. Kann nur auf dem Sofa liegen, der Katze zusehen, wie sie daliegt und nichts tut, nichts.

Alles ist gut an diesen Tagen, alles ist gut. Nur die Musik noch ein bisschen lauter, jetzt noch nicht der Welt stellen, nur noch dieses eine Lied –

Den Kopfhörer absetzen, um dem Regen zuzuhören.

Vom Sein.

Draußen im Wald ist Sein so einfach. Nichts und niemand, der etwas von mir will, am wenigsten ich selbst. Nichts ist, alles ist.

Drinnen im See, drunten, ist Sein so einfach. Mit dem Wasser schließt sich die Stille über mir, Grenzen verschwimmen, wo fange ich an, wo hört das Wasser auf? Zu sein? Wenn sich alles auflöst, ist dann noch etwas da?

Ich sitze bei den gefallenen Helden: „Unsere Toten mahnen!“; Sonne malt Lichtflecken auf Schotter. Wind steht still und wirft doch ein Blatt zu Boden. Der Herbst ist da. [Mitten im Sommer.]
Menschen laufen vorbei, Karabiner klirren, Helme baumeln. Droben im Fels ist Sein so einfach.

Loslassen.
Fallen.
Nichts ist, alles ist. [So einfach.]

Die Sonne verschwindet hinter Wolken, ich auch.
Dort oben am Himmel
[ ]

Alles wird gut (und dreht sich im Kreis).

Es gibt Tage, vor denen ich ein klein wenig Angst habe. Weil alles mögliche passieren könnte: Probleme, bei denen ich nicht weiter weiß, für die ich aber eine Lösung brauche, schnell, doch mir fällt keine ein und alle, die ich fragen könnte, sind nicht aufzufinden.
Vor diesen Tagen verbringe ich Stunden damit, mir Gedanken zu machen. Immer so ganz nebenbei, denn wenn ich sie bemerke, die Gedanken, versuche ich, sie davonzujagen, sage ihnen, sie seien absolut nicht notwendig, bisher hat doch auch immer alles geklappt. Am Ende.
Und siehe da, das tut es auch an diesen Tagen; die, vor denen ich Angst hatte. All das, über das ich mir Gedanken gemacht habe, ist überhaupt kein Problem. Oder trifft nicht ein. Weil ja doch immer alles anders kommt.

Es gibt Tage vor denen ich gar keine Angst habe. Tage, an denen ich die Ruhe selbst bin. Oder total in Schwung und der Meinung, alles werde sowieso von ganz allein laufen.
Weil ja doch alles anders kommt, sind das die Tage, an denen unvorgesehene Probleme auftauchen, eins nach dem anderen, oder vielleicht auch zwei auf einmal. Lösbare natürlich, aber hätte ich sie vorausgeahnt, hätte ich endlich triftige Gründe gehabt, mir vermeintlich unnötige Gedanken zu machen.
Dann wiederum wären all die Probleme vermutlich gar nicht aufgetreten.

[Übrigens: Auch hier ist jegliche Sorge unbegründet. Die aufgetretenen Probleme haben die Größenordnung nicht funktionierender Spülmaschinen.]

Du machst es einfach.

Frau N. schreibt darüber, was ein gutes Buch ausmacht. Ich lese, was Frau N. über gute Bücher schreibt und nicke. Und nicke. Und nicke.
(Nein, ich nicke nicht wirklich, wenn ich so allein vor meinem Rechner sitze. Aber die innere Einstellung, Sie wissen ja.)
Wenn ich in einen Buchladen gehe, ein Buch aufschlage, hineinlese und mindestens dreimal in Lachen ausbreche, nehme ich das Buch normalerweise mit nach Hause.
Jetzt wäre es praktisch, wenn mir noch ein Beispiel dazu einfallen würde, tut es aber nicht, dummerweise kann ich mir am Ende dann doch nur die Bücher merken, die weh tun.

Das hier zum Beispiel: Die Sehnsucht der Albatrosse, von Karin Seemayer. Das tut unter anderem deshalb weh, weil eine der Hauptfiguren, der Matrose Peer Svenson, einmal zu oft den Mund aufmacht, um für das einzustehen, was er für richtig hält.
Geht nicht so gut aus. Für ihn. Aber er kann eben nicht anders und unter anderem deshalb ist er einer von denen, die mir in Erinnerung bleiben werden.
Noch dazu bekomme ich nebenbei und unauffällig ein bisschen Unterricht über Robbenjagd, Schiffe und die Welt, die damals einmal eine ganz andere war.
(Gelacht habe ich übrigens auch das eine oder andere Mal. Fällt mir gerade auf.)

Frau N. erwähnt außerdem die Jugendbücher, auch da nicke ich, Jugendbücher, richtig gute Jugendbücher tun oft am meisten weh, mir jedenfalls, vielleicht, weil ich die Sache mit dem erwachsen werden noch nicht so ganz abgeschlossen habe.

Gerade habe ich Das Schicksal ist ein mieser Verräter verliehen (John Green, übersetzt von Sophie Zeitz), davon haben Sie vermutlich schon mal was gehört.
Von dem hier vielleicht noch nicht: Adios Nirvana von Conrad Wesselhoeft, übersetzt von Karsten Singelmann. Ein Buch vom sich finden. Sich finden ist immer gut, aber schwierig, für mich jedenfalls. Ein Buch auch vom Sterben, letztlich fragte mich jemand nach einem gutem Buch, in dem es NICHT ums Sterben geht, in dem niemand stirbt, gestorben ist, niemand todkrank ist. Mir fiel keins ein.
Jedenfalls Adios Nirvana, auch dort geht es darum, was ein gutes Buch ausmacht:

„Wenn man auf die Musik die gleichen Prinzipien anwendet wie auf die Dichtung – brutale Ehrlichkeit, die Bereitschaft, das Innerste nach außen zu kehren -, wird man automatisch besser.“

Streiche nun wieder Musik, ersetze durch Literatur, das ist dann das, wo ich hinwill (als Schreibende). Es ist auch das, was Angst macht, aber dazu dann gleich noch ein Zitat, immer noch dasselbe Buch:

„Aber wie soll ich das alles schaffen in drei Wochen?“
„Du machst es einfach.“

Ole Brumm will nicht mehr.

Heute sah der Plan so aus: nach H. fahren.

Nicht so schwer umzusetzen, eigentlich. Man setzt sich ins Auto, hofft auf gute Musik im Radio, wird enttäuscht und kommt schließlich an. Was soll da schon dazwischen kommen, na gut, vielleicht ein Stau auf der Autobahn.
Oder ein Auto, das plötzlich nicht mehr will. Dumm, wenn es das eigene ist.
Plötzlich selbst einen kleinen Stau verursachen, immerhin schon abseits der Autobahn, auf leicht abschüssiger Strecke und sogar noch rechtzeitig geschaltet, in den Leerlauf nämlich, und das Auto auf einen Parkplatz bugsiert.

Wenn es anders kommt, als man denkt, kommen meist auch andere Leute mit ins Auto Boot Spiel. A. zum Beispiel, die ich gar nicht angerufen habe, als ich zusammen mit dem renitenten Auto auf dem Parkplatz stand und dachte: Was nun?
Ich habe H. angerufen, die aber hat das Telefon an A. weitergegeben; A., die gleich fragt, ob sie mich abholen soll. Das wäre super, danke.
A., die mich zur Autowerkstatt fährt, wo ich erneut die Geschichte mit dem renitenten Auto erzähle. Und E., der seinen Werkstattkoffer und mich in sein Werkstattauto steckt, um dem renitenten Auto klarzumachen, wer hier das Sagen hat. Das renitente Auto gibt sich schon gar nicht mehr so renitent wie zuvor, was wiederum E.s Vermutungen über die Gründe des plötzlichen Trotzanfalls bestätigen.

So nimmt die Geschichte ihren Lauf. Es kommen noch andere Leute darin vor, denen ich die Geschichte vom renitenten Auto erzähle; Leute, die ebenfalls Hilfe aller Art anbieten, ohne dass ich groß danach gefragt habe.

Ist das toll.
Danke.

(Falls Sie sich über die Überschrift wundern: Ich gehöre zu den Leuten, die der Meinung sind, man könne müsse auch dem Auto einen Namen geben.
-> Ole Brumm)

Moralische Inkompatibilitäten.

Alles ist für irgendwas gut. Verfrühte Abreisen aus Deutschlands Norden führen zum Beispiel dazu, vergangenen Sonntag nichts, aber auch gar nichts vorgehabt zu haben und daher endlich einmal etwas tun zu können, was ich bestimmt schon seit drei Jahren tun will: zum Pferderennen gehen.
Hat nie geklappt, weil: immer ist irgendwas.
(Natürlich bin ich daran selbst schuld – ich und meine fragwürdige Kompetenz im Prioritäten setzen.
Wie auch immer.)

Letzten Sonntag war jedenfalls nichts, gar nichts. Außer Pferderennen.

War super.
Leider.

Einen Tag und zwei Mausklicks später haben sich meine Ahnungen bestätigt: Pferderennen und ein ruhiges Gewissen meinerseits sind leider nicht kompatibel.

Bleibt nur der Jahrmarkt. Irgendwie nicht wirklich das Gleiche.

Urlaubs(in)kompatibilitäten.

Deutschlands Norden und ich, wir werden wohl keine besten Freunde mehr. Wiederholt enden Versuche der Annäherung in überstürzten Abreisen, für die es keine erklärbaren Gründe gibt.

So auch jetzt.

Die Idee sah so aus: Von Berlin an die Ostsee. Zu Fuß. Oder zu Wasser.

Die Umsetzung dieser Idee endete im Hafendorf Rechlin und auch wenn das Hafendorf Rechlin nicht der Grund unserer überstürzten Abreise ist, ist es auf jeden Fall der Auslöser. Das Hafendorf Rechlin ist eigentlich gar kein richtiges Dorf, es besteht hauptsächlich aus Ferienhäusern. Warum man ausgerechnet dort Urlaub machen sollte, erschließt sich uns nicht. Na gut: Die Müritz. Das Naturschutzgebiet drumherum.

Wie auch immer. Wir saßen dort zwei Stunden fest und fanden es … öd.

Aber das macht ja nichts, so ein Tiefpunkt kommt immer, darauf ist Verlass. So ein Tiefpunkt geht auch wieder, auch darauf ist Verlass.
So auch diesmal: Auf der anderen Seite der Müritz schien schon wieder die Sonne (am Himmel, im Gemüt).
Trotzdem packten wir am nächsten Tag ein letztes Mal unsere Rucksäcke, wanderten zum Bahnhof und machten uns auf die Heimreise.

Dabei war es schön, da oben im Norden.