Die Faulheit der Beutelbären.

Herr Buddenbohm hat einen Artikel aus der Brand Eins verlinkt: „Mehr Faulheit wagen!“ Mit dem Koala als Sinnbild. Faulheit – eine verloren gehende (gegangene?) Eigenschaft unserer Leistungsgesellschaft.
Koalas, so schreibt Wolf Lotter, Autor dieses Artikels, fliehen noch nicht mal vor Buschbränden. Überleben aber dennoch, da sie von Rangern aus dem Gefahrengebiet geholt werden.

Ein Aspekt, der mir in diesem Artikel ein wenig zu kurz kommt, eigentlich nur indirekt erwähnt wird, ist die Schwierigkeit, mit der das Faulsein einherkommt. Indirekt wird diese Schwierigkeit erwähnt, weil „Tun“ das von außen Erwünschte, das Angesehene ist – Faulheit dagegen etwas, das es auszumerzen gilt.
Das eigentlich Schwierige am Faulsein ist das aber nicht, nicht für mich und Faulsein ist eins der Gebiete, auf denen ich mich ganz gut auskenne.
Eine Katze in der Sonne (die ebenfalls im Artikel erwähnt wird), der Koala im Baum – vermutlich sind sie Meister der yogischen Gelassenheit (oder wie auch immer man das nennen mag). Wenn ich mich in die Sonne lege, fällt mir auf, dass man ich den Holunder zurückschneiden könnte. Dass ich eigentlich noch Wäsche waschen wollte. Kontoauszüge holen. Tomaten einkaufen. Und, und, und.
Es ist nicht so, dass ich dann aufspringe und das, was mir gerade eingefallen ist, spontan erledige. Meist greife ich in solchen Fällen lieber nach einem Buch. Das stellt die Gedanken ab, also meine, ich verschwinde aus meiner in eine andere Welt und je nach Qualität des Buchs komme ich in fünf Minuten oder zwei Stunden von der einen wieder in die andere zurück.
Aber einfach so in der Sonne liegen und faul sein? Nichts, aber auch gar nichts tun? Nee, das geht nicht. Viel zu anstrengend. Viel zu viele Gedanken, die die Ruhe vertreiben.

Vermutlich liegt es in dieser Schwierigkeit des Faulseins begründet, dass ich die mir innewohnende Faulheit bisher ganz gut vor der Welt verborgen halten konnte, anscheinend sogar vor der näheren Umgebung. Wie sonst lässt sich die Mail der R.s erklären.

Die R.s haben auf- beziehungsweise ausgeräumt und fragen, ob wir Interesse an diversen ausgeräumten Dingen haben. Dinge, die wir in absehbarer Zeit aller Wahrscheinlichkeit nach benötigen werden.
Die R.s haben Verständnis, wenn wir diese Dinge lieber selbst kaufen wollen.

Hihi.
Bei uns (denn ja, auch der MMM lässt sich, was diesen Aspekt betrifft, ganz eindeutig den Koalas zuordnen) ist das eine sehr einfache Rechnung:
Einkaufen = Aufwand.
Einzukaufende Dinge von anderen zur Verfügung gestellt bekommen = kein Aufwand.
-> Her damit, liebe R.s, ihr erleichtert uns das Leben.

Ich würde mich jetzt in die Sonne legen und ein Buch lesen, dummerweise ist von der Sonne nichts zu sehen und Bücher sind gerade Mangelware.
Ich bin dann mal Wäsche waschen.

 

P.S. an D.:
Nein, das ist keine Koketterie. Das ist ein Problem. Für mich, immer wieder. Ich bin vermutlich viel weniger faul als ich denke, aber bei allem, wirklich fast allem habe ich mit dem Gedanken „Och nee, viel zu anstrengend“ zu kämpfen. Brombeeren pflücken, Sahne für ein Eis schlagen, all diese aufwendigen, fürchterlich anstrengenden Dinge.
Dass ich es trotzdem tue, Brombeeren pflücke, Sahne schlage, daran ist meist die Gesellschaft „schuld“, also die ganz persönliche, die zu Besuch kommt und der man ich gern ein Eis mit Brombeeren anbieten will.
Ohne Gesellschaft würden die Brombeeren wohl immer noch darauf warten, gepflückt zu werden.
Und dabei esse ich wirklich gern Brombeeren.

Vor(ver)urteil(t).

Oder: Der Wahnsinn der Welt. Der Tlönfahrer schrieb gerade anderswo darüber und vielleicht tut er es auch noch verlinkbar.
Manchmal kann ich es ja kaum glauben, was da draußen so alles passiert. Aber dann treffe ich jemanden, lese etwas, sehe etwas und stellt fest: es ist sogar noch viel schlimmer.
Alle irre, wie Frau Novemberregen gern mal sagt.

Das fängt ja schon mit dem kleinen Wahnsinn an, allein den finde ich manchmal schon unfassbar.

Die letzten Tage haben der MMM und ich hauptsächlich an und in diversen Badeseen verbracht. Wenn man Glück hat, ist man dort allein mit Enten/Fischen/Blesshühner/Libellen/etc. Meist hat man aber nicht ganz so viel Glück, andere Leute wollen ja auch an beziehungsweise in den See.
Das ist dann ein bisschen wie Fernsehen (eher RTL II als Arte). Immer wieder gern im Urlaubsfernsehen: Das Handtuchverhalten des Urlaubers. In unserem Fall die Abwandlung: Das Liegen- und Sonnenschirmverhalten des Urlaubers. Vom Prinzip her genau das Gleiche: Man stehe in aller Frühe auf, um sich eine Liege inklusive Sonnenschirm zu reservieren/an dem Platz aufzustellen, an dem sie immer(!) zu stehen hat.
Obwohl es viel mehr Liegen und Sonnenschirme als Urlauber gibt. Obwohl man den halben Tag sowieso woanders verbringt. Obwohl ausreichend Platz für alle da ist. Sogar direkt am See.
Folgerichtig das einzige Problem, das einem tendenziell den Urlaub verleidet: Man muss dummerweise so früh aufstehen. Weil man die Liege an den Platz stellen muss, an dem sie immer(!) steht. Bevor das ein anderer tut.
Hallo?

Nächster See: An dem liegt eine Horde Jugendlicher herum. Schlimm, ganz schlimm. Jugendliche sind laut, ignorant, betrinken sich und sind überhaupt das Schlimmste, das einem passieren kann, wenn man gerade seine Ruhe haben will.
Dummerweise kann ich mich von diesem Gedanken Vorurteil selbst nicht ganz freisprechen. Weswegen wir uns in größerem Abstand zur Horde niederließen. Unser nächster Nachbar: ein älterer Herr, lesend, auf einer Liege.
Zu ihm fliegt nun der Ball, mit dem Teile der männlichen Horde vor Teilen der weiblichen Horde angegeben herumgespielt haben.
Einer der Jungs macht sich auf den Weg zum älteren Herrn, den Ball zu holen. Er fragt ganz höflich (der Ball ist unter die Liege gerollt) und bekommt eine Tirade zur Antwort. Die Spielwiese sei dahinten und überhaupt, generell und sowieso, aber was rede er, „das interessiert euch ja eh nicht, das ist ja, als würde man einem Ochs ins Horn pfetzen.“
Seufz.
Der Jugendliche nahm den Ball, sagte wenig bis nichts und ging seiner Wege.
Ich beschloss, sämtliche meiner Vorurteile Jugendlichen gegenüber in die Tonne zu treten. Zu meiner Schande muss ich gestehen, das zum wiederholten Mal beschlossen zu haben.
Vielleicht hilft es ja schon ein wenig, wenn ich mir ganz fest vornehme, nicht zu einem älteren Herrn einer älteren Dame zu werden.

Berge.

Und Wasser. Man gebe mir Berge, man gebe mir Wasser und alles ist gut. So einfach ist das.
Dann doch wieder nicht.
Es müssen schon richtige Berge, muss schon richtiges Wasser sein.
(Erstere kommen üblicherweise inklusive letzterem daher.)

Letztes Jahr haben wir im Osten, beziehungsweise Norden Urlaub gemacht. Das ging schief, zum wiederholten Mal. Vermutlich vor allem deshalb, weil weit und breit nicht der kleinste Hügel zu sehen war. Wasser, natürlich gab es Wasser, hallo, Mecklenburger Seenplatte. Aber na ja, das Wasser war – braun und undurchsichtig. Sicher total gesund, Moorbäder und was weiß ich. Aber für das Auge – nun ja.

Dieses Jahr haben wir im Süden Urlaub gemacht. Nicht zum ersten und sicherlich auch nicht zum letzten Mal.
Im Süden gibt es richtiges Wasser. Klar, erfrischend und sogar noch schöner als in der Werbung.
Im Süden gibt es auch richtige Berge. Nicht die (durchaus idyllischen) Odenwald-Hügel von um die Ecke. Richtige Berge, das sind auch nicht die (nicht weniger idyllischen) sanft abgerundeten Almhänge, inklusive der dazu passenden Kuh- und/oder Blumenkulisse. Der Almhütte mit dem plätschernden Brunnen und der Brettljause.
Richtige Berge, das sind schroffe, scharfkantige Felsen, die mit dem heranziehenden Gewitter blitzschnell von „Modelleisenbahn“ zu „Die Türme von Mordor“ umschwenken. Schotter, Geröll, von der Sonne vergessene Schneefelder, abgerutschte Wegstücke. Richtige Berge machen Angst. Gute Angst. Demütige Angst.
Richtige Berge sind still und machen still. Weil der Weg sämtliche Gedanken beansprucht. Weil man auch beim Innehalten nur still staunen kann, ob der Schönheit ringsherum.

Berge. Und Wasser.
Und alles ist plötzlich ganz einfach.

Die Chips-Misere.

Wer hier aufmerksam mitliest, wird wissen, dass abhängig von der Gemütslage, also meiner, mehr oder weniger Chips im Haushalt benötigt werden. Auf jeden Fall und immer werden Chips benötigt.
Nun verhält es sich dummerweise so, dass ich mir jeweils genau die Sorte Lieblingschips aussuche, die außer mir anscheinend kein Mensch isst. Wie sonst ist das zu erklären, dass sich diese meine Sorte Lieblingschips immer und höchst verlässlich nur ungefähr ein Jahr lang im Sortiment hält, bevor sie wieder aus den Regalen verschwindet?

Als sich die Regale dieses Mal bedenklich leerten und Tage vergingen, ohne dass lustlose Regalauffüller für Nachschub sorgten, habe ich Hamsterkäufe getätigt und darauf gehofft, es möge einfach nur ein Lieferengpass bestehen.
Da die aktuelle Sorte Lieblingschips von einem Hersteller gefertigt wird, der jeden Chips zur einzelnen Kartoffel zuordnen kann und dieser Kartoffel selbstverständlich auch einen Namen gibt (na gut, das ist jetzt ein ganz klein wenig übertrieben), hätte das doch durchaus sein können.
Allein, ich glaubte nicht daran.

Und wirklich, es tat sich nichts. Irgendwann war auch das Preisschild aus dem Regal verschwunden, irgendwann wollte ich Gewissheit haben, besuchte die Webseite des Herstellers und – tja. Ausgemustert.

Jetzt muss ich also wieder auf Notfallchips zurückgreifen, die Sorte, die man in der Not und wenn es denn unbedingt sein muss, auch ganz gut essen kann. Mal sehen, wie lange sie noch im Regal stehen.

Vielleicht sollte ich auf Selleriesticks umsteigen.