Und wenn er aber kommt.

Am fünfzehnten August ist es vorbei, sagt H. und meint die Schwimmbadsaison. Genauer: Die Möglichkeit, mit einem Schwimmbadkiosk Geld zu verdienen.
Und nach dem fünfzehnten?
Sie winkt ab. Da kommt kaum einer mehr. Und wenn doch, bleibt er nicht lange.

H. hatte allerdings die Extremversion, lebte sie doch zu Kioskzeiten in einer Ecke des Landes, in der es meist um die sechs Grad kälter ist als anderswo. Noch dazu hatte irgendeiner das zum Kiosk gehörende Schwimmbad in der schattigsten Ecke des Ortes beheimatet. In der es umso schattiger wird, je kürzer die Tage. Ab Anfang August schafft es die Sonne kaum mehr über den Wald.
Und das Schwimmbecken war noch nicht einmal beheizt. Brrr.

Die Sache mit dem Schwimmbadkiosk könnte also andernorts ganz anders aussehen.

H. hat trotzdem Recht. Morgen ist der erste August und draußen lauert der Herbst. Treibt den Wind durchs Maisfeld, rüttelt an Nussbäumen, malt Äpfeln rote Backen, lässt den einen oder anderen herunterfallen, auch die Blätter fallen, taumeln von den Bäumen, eins hier, eins da, wenn der Regen fällt, klebt er sie am Boden fest: grüne Blätter, mit Ahnungen von gelb.
Auch der eine oder andere Birnbaum zieht schon sein rostrotes Kleidchen an, posiert zwischen Strohballen und durchziehenden Wolken.

Bei der Gemüsefrau stehen schon die Kürbisse.
Noch kaufe ich Tomaten, aber hey, Herbst.
Ich freu mich drauf.

Auf die Ohren.

Kürzlich waren wir schwimmen. Schwimmen ist ein super Sache, blöd nur, wenn man Wasser in die Ohren bekommt (was ja nicht ausbleibt) und auf einmal nichts mehr hört. Na ja, weniger hört als zuvor.
Das war natürlich abzusehen, hatte ich doch vorher schon weniger gehört und dachte fürchtete, mal wieder zum Arzt zu müssen, Ohren ausspülen.

Nun hatte mir der Badesee die Entscheidung abgenommen.

Ging ich also zum Hausarzt, zum alten, jetzt wieder neuen. Der neue alte hatte das immer höchstselbst erledigt, mit einer antik anmutenden Riesenspritze. Der aktuelle sagte, das mache er man nicht mehr selbst, da müsse ich zum HNO-Arzt.

Bei dem man natürlich nicht einfach so vorbei gehen kann, da braucht man einen Termin. Den ich immerhin schon zwei Tage später bekam.
Einen Termin haben, heißt allerdings noch lange nicht, dass man auch zu eben diesem Termin drankommt. Wo käme man da hin. Immerhin musste ich nur eine dreiviertel Stunde warten, bis ich aufgerufen wurde.

In dieser dreiviertel Stunde funktionierten das gänzlich und das fast verstopfte Ohr dann doch noch gut genug, um Wartezimmergespräche mitanzuhören. Am liebsten wäre ich geflohen, eine andere Möglichkeit wäre gewesen, den Sprechenden die Zeitung überzuhauen, auf die ich mich nun nicht mehr konzentrieren konnte, ganz sicher hätte ich aber sagen sollen, dass ich hier nicht die schweigende Zustimmung vertrete, sondern im Gegenteil gänzlich anderer Meinung bin.
Es ging, man kann es sich vielleicht denken, darum, wie schlecht es uns allen doch geht, besonders den Rentnern. Die Jungen, die arbeiten ja nichts mehr, überhaupt arbeitet kaum einer mehr was, stattdessen bekommen alle Sozialhilfe und die da oben, die Politiker, furchtbar, die haben doch keine Ahnung, die lügen uns nur an. Und die Grenzen, die hätte man natürlich zumachen sollen, wer soll denn das alles bezahlen und auf die Straße kann man auch nicht mehr, da sind überall Ausländer, das ist nicht mehr sicher und dann schalten sie auch noch die Videoüberwachung ab. Aber man darf ja nichts sagen, sonst würde man gleich als Nazi, Antisemit, Rassist, was auch immer beschimpft. Nazi! Und das müssen wir uns bieten lassen, bin ich doch nach dem Krieg geboren. Sagte sie. Und ihren Vater, den hätte sie gefragt, der war bei der Wehrmacht, die hätten natürlich nichts, überhaupt nichts von dem gewusst, was in den Konzentrationslagern und überhaupt überall passiert ist.

Ja klar.

Es geht uns allen wirklich furchtbar schlecht. Dir vor allem, die du ein Haus hast (in dem du allerdings nicht schlafen kannst, weil die Mähdrescher bist kurz nach Mitternacht an deinem Schlafzimmerfenster vorbeifahren, schlimm), einen Mann hast du auch noch, der hat sogar noch Arbeit, beim Schwiegersohn, Familie also auch, wobei, das mit der Arbeit des Mannes ist vielleicht sogar eher schlecht, ist er doch eigentlich schon Rentner (aber was würde er mit all der freien Zeit nur machen?), du gehst andauernd zum Arzt, das ist natürlich nicht gut, aber hey, es gibt Ärzte und du kannst hingehen, einfach so, Krankenkasse sei Dank, natürlich hast du dafür bezahlt, ich weiß. Am Essen mangelt es dir augenscheinlich auch nicht, vermutlich kommt (warmes) (Trink)Wasser aus den Leitungen, wann immer du willst und ach, verdammt, am meisten ärgere ich mich ja doch über mich selbst, weil ich nichts dazu gesagt habe.

Meine dreiviertel Stunde war dann nämlich um, ich durfte ins Behandlungszimmer, eine nicht ganz so freundliche, eher nun ja, der halbe Tag ist schon vorbei, aber die andere Hälfte steht leider noch bevor Arzthelferin schaute mir ins Ohr, ging dann wieder, ich schaute mir Plakate an, Falten entfernen, stand da und ich staunte darüber, wo man überall Falten haben kann, die man lieber nicht hätte, nervte mich noch ein wenig darüber, dass ich womöglich wegen all den Faltenentfernern so lange warten muss.
Wenig später kam der Arzt ins Zimmer geweht. Mist, dachte ich, das ist so einer, der im Grunde gar nicht da ist. Hallo, sagte er, schaute mir ebenfalls kurz in die Ohren und verbrachte die meiste Zeit, also ungefähr zwei Minuten damit, Dinge in den PC einzutippen. Und schon war er wieder weg. Wünschte mir immerhin noch alles Gute.

Die Arzthelferin kam zurück, legte ein Handtuch auf meine Schulter, drückte mir eine Schale in die Hand, die ich unters Ohr halten sollte und machte im Grunde genau das gleiche wie mein alter Hausarzt, nur eben nicht mit der antiken Riesenspritze, sondern mit einem an eine Maschine angeschlossenen Schlauch. Beim ebenjenem Hausarzt fühlte ich mich dennoch aufgehobener, besonders, als die Arzthelferin mir dann noch mit einem Stäbchen(?) im Ohr herumfuhrwerkte.

Immerhin hörte ich jetzt aber wieder. Auf der einen Seite zumindest. Die andere bemängelte ich, aber da wäre nur Wasser drin, ich solle den Kopf mal zur Seite legen, tatsächlich, es wurde besser, aber irgendwie – hm. Sie sah sich die Seite noch einmal an und war zufrieden mit sich.

Am besten machen Sie das alle halbe Jahre, sagte sie zum Abschied.
Aber sicher nicht bei Ihnen, dachte ich.
Sagte aber schon wieder nichts.

Und der nächste (Tag).

Heute Nacht wurde ich ausnahmsweise nicht von m, sondern vom Gewitter geweckt. Gleich zwei Mal. m wurde natürlich auch wach, ob vom Gewitter, von unserem „schnell, schnell, alle Fenster zu*“ oder einfach so, man weiß es nicht.

Als die Nacht zu Ende war, gewitterte es immer noch. m und ich sahen gerade – an nichts Böses denkend – vor dem Fenster dem grauen Geprassel da draußen zu, als – KAWUMMS! – der Blitz in den Baukran gegenüber einschlug. Hui. Das darf gern mein letzter Blitzeinschlag aus nächster Nähe gewesen sein.

Das Gewitter hatte sich verabschiedet, der Regen hingegen war noch da, als das Handy klingelte. P. ist dran** und ich wundere mich, warum er nicht auf dem Festnetz anruft.
P. wundert sich auch: „Was ist denn mit eurem Telefon? Ich habe es schon fünf Mal versucht und immer ist besetzt!“
Ich prüfe nach, ob m den Hörer mal wieder nicht richtig aufgelegt hat, aber nein, der Hörer liegt richtig, das Display zeigt auch alles richtig an, nur ein Freizeichen gibt es nicht.

Wenig später klingelt es schon wieder, dieses Mal an der Haustür. Einer der Bauarbeiter von gegenüber. Ob wir denn noch Strom hätten? Einen kurzen Moment lang weiß ich das selbst nicht, das kaputte Telefon hat mich verwirrt, aber ich habe ja gerade die Klingel gehört, außerdem läuft die Spülmaschine, natürlich, wir haben Strom.

Das Internet geht allerdings auch nicht, dabei könnte ich es gebrauchen, um die Telefonnummer unserer Nachbarin herauszufinden. Deren Autofenster, so sehe ich gerade, stehen nämlich noch auf. Natürlich könnte ich einfach bei ihr klingeln, aber der Regen und m, also suche ich die Telefonnummer, aber tja, fehlendes Internet und die Telefonbücher habe ich kürzlich, als es sie auf der Post gegeben hätte, links liegen gelassen, braucht doch kein Mensch mehr.
Ha.
Gehen wir also doch durch den Regen.
Die Nachbarin freut sich. Nicht über die Nachricht, aber darüber, dass wir ihr Bescheid gesagt haben.

Später, mittlerweile hat sich auch der Regen verabschiedet, stehen wir mit dem Fahrrad vorm Lebensmittelladen, als B. mit Einkäufen beladen herauskommt. Ich erzähle vom Blitz und fange an zu verstehen, wie das mit der Dorfkommunikation funktioniert und warum immer alle alles gleich wissen.

Was ich allerdings nicht wusste, zeigte sich später. Auf dem Rückweg treffen wir A., ich halte sofort an, wollte ich sie doch sowieso schon die ganze Woche lang anrufen und nach dem Patienten fragen. Stellt sich heraus, dass ich niemanden erreicht hätte, weil A. selbst zu einer Patientin geworden ist und ein paar Tage im Krankenhaus verbracht hat.
A. hat immer noch Kopfschmerzen, der andere Patient sitzt hingegen schon wieder im Kurpark und trinkt Wein***.

Praktischerweise will A. gerade ein paar Gurken loswerden, das passt, jetzt, wo ich endlich weiß, was es später zu essen gibt und ich mich frage, ob die eine Gurke wohl noch im Kühlschrank herumliegt oder schon zu Gurkensalat geworden ist.
Quark wäre auch noch wichtig, aber nun ja, den hat A. natürlich nicht zu bieten, müssen wir später eben noch einmal einkaufen gehen, es ist sowieso überhaupt nicht zu fassen, dass wir andauernd einkaufen gehen, wie kann das eigentlich sein.
Das kann natürlich deswegen sein, weil wir keinen Plan machen haben und erst im Lauf des Tages herausfinden, was wir eigentlich essen wollen.
Glücklicherweise zählt „Lebensmittel einkaufen“ aber zu einer meiner Lieblingsbeschäftigungen und was soll man auch sonst mit dem Tag anfangen.

Der heute war allerdings überraschend schnell vorbei.

 


* Es regnete überraschenderweise auch nicht von rechts nach links, wie es das sonst immer tut, sondern von links nach rechts.
** Und hatte natürlich einen Auftrag für uns.
*** Was er natürlich besser nicht tun sollte. Aber sagen Sie ihm das mal.

Und noch einer (Tag).

Heute war ich seit langem mal wieder in der Zivilisation im Buchladen. Das liest sich jetzt so einfach, aber diesem Vorhaben ging eine ungefähr halbstündige Überlegung voran. Soll ich, soll ich wirklich, was wäre denn die Alternative, fahre ich mit dem Fahrrad oder mit dem Auto, ist das nicht zu viel Aufwand für zu wenig Ertrag, undalleswiedervonvorn. Früher musste ich nicht so lange überlegen, um die Frage „Buchladen Ja oder Nein“ zu klären, aber früher konnte ich mich im Buchladen auch noch in aller Ruhe nach Büchern umsehen.

Wir fuhren (mit dem Auto). Was sollten wir auch sonst tun. Dass ich mich fürs Auto entschieden hatte, führte denn auch zu einer seltsamen Begebenheit, denn in der Nähe unseres Parkplatzes parkte ein silbernes Altherrenauto mit dem passenden alten Herrn darin auf der (quasi unbefahrenen) Straße. In der prallen Sonne.
Das allein wäre noch keine Begebenheit, auch nicht, dass der Motor lief, nun ja, ein Umweltsünder, die gibt es, und die lassen den Motor auch mal die Viertelstunde laufen, die es dauert, den Kinderwagen auszuladen, aufzuklappen und das Kind darin zu verstauen, beziehungsweise die Viertelstunde, die es dauert, bis Hannelore der Inge die Kiste Erdbeeren aus dem Altherrenkofferraum gebracht hat.
Als m und ich aber nach ungefähr einer Stunde zurückkamen, parkte das Auto immer noch an der Straße. Noch immer lief der Motor. Die Sonne schien praller als je zuvor auf den alten Herrn, der immer noch im Auto saß. Von Hannelore weit und breit nichts zu sehen.

Im Buchladen aber kaufte ich gleich zwei Bücher. Genaugenommen waren m und ich sogar in zwei Buchläden, aber im zweiten ging einem von uns die Puste aus, der zählt daher nicht.
Es ist andererseits auch wieder recht spannend, Buchkauf mit Kind. Man weiß nie so recht, was man da eigentlich eingekauft hat, kann man doch maximal zwei Sätze lesen (und ich kann sehr, sehr schnell lesen), bevor man das Kind davon abhalten muss, den Postkartenständer auszuräumen. Und sogar die dicken Aufkleber auf dem Cover entgehen einem; BestBestseller steht darauf, was soll das denn, hätte ich es bemerkt, ich hätte das Buch nie gekauft.
Zum Lesen habe ich eigentlich auch keine Zeit, jedenfalls nicht zum Lesen von „echten“ Büchern.
Was schade ist, denn das andere eingekaufte Buch ist von Castle Freeman und da musste ich gar nicht hineinlesen (wäre auch nicht möglich gewesen, also schon, aber dann hätte ich fragen oder unauffällig die Folie herunterreißen müssen).
Castle Freeman, von dem hatte ich in der Onleihe Männer mit Erfahrung gelesen und war derart angetan, dass ich mir das Buch hinterher gekauft habe. Was ich in einem von zwei Millionen Fällen mache.

Um den heutigen Tag des Bücherkaufs krönend abzuschließen, hat mich dann noch eine Mail dazu verleitet, auch das Tablet mit Büchern zu befüllen, ebenfalls zwei an der Zahl, über die breite ich aber lieber den Mantel des Schweigens. Üblicherweise kaufe ich beim großen bösen A keine Bücher, üblicherweise kaufe ich auch keine eBooks, nun steht aber momentan alles einiges, was bisher üblich war, auf dem Prüfstand, die Zivilisation der nächste Buchladen ist zwar in erreichbarer, aber aufwändiger Ferne und gerade die Bücher, die sowieso nur der Unterhaltung dienen, der leichten, womöglich sogar der schlechten, da ist der Aufwand dann vielleicht doch zu groß.

Zwischen all dem Bücherkauf haben m und ich auch noch einen Lebensmittelkauf getätigt, in diesem Fall ohne halbstündige vorangehende Überlegung, genaugenommen habe ich mich gerade gefragt, was zur Hölle wir nur mit diesem Tag noch anfangen sollen (denn auf dem Sofa herumliegen, Bücher lesen, das ist natürlich auch nicht mehr üblich), da ruft P. an.
P. sorgt nicht nur zuverlässig dafür, dass es einen Ort gibt, an dem man willkommen ist und allzeit etwas zu essen bekommt, P. findet auch zuverlässig etwas für einen zu tun. Früher, viel früher, war das eher lästig, da hätte ich das Sofa mit dem Buch dem [beliebigen Auftrag hier einfügen] vorgezogen, aber heutzutage, wo ich sowieso nichts mit uns anzufangen weiß, da ist so ein Auftrag höchst willkommen.

Wir kauften neben den Büchern also noch Zutaten für zwei Millionen Kuchen – Kuchen, die wie so oft völlig überraschend gebacken werden mussten, Kuchen, die ich gestern noch prophezeit hatte (allerdings nicht P. gegenüber).

Im Gegensatz dazu versagen meine Prophezeiungen bei den Lottozahlen üblicherweise ziemlich zuverlässig.
Aber vielleicht sollte ich auch dieses üblich auf den Prüfstand stellen.

So ein Tag.

Heute ist noch gar nicht der Fünfte, aber egal, es gilt, die Gelegenheit zu nutzen, sonst schreibe ich überhaupt nie mehr was.

Heute, am vierten, war ich mit m im Raiffeisenmarkt. Der Raiffeisenmarkt ist super, dort ist die Welt entschleunigt. Alle haben Zeit, viel Zeit, an der Kasse sagt man einfach, wie viel Leergut man dabei hatte und will man diesen bestimmten Sack Blumenerde kaufen, stellt sich heraus, er ist viel zu teuer, man möge sich doch für den anderen entscheiden, tut man auch, der allerdings ist viel zu schwer und passt nicht ins Auto, kauft man also gar keinen, vorerst. Verweilt dafür noch in der Getränkekistenabteilung und schwelgt in Hasenfutterluft (B. dagegen kürzlich so: „Bäh, pfui, wie es da immer riecht stinkt.“) bis der freundliche Getränkekistenheranschaffer fragt, ob er die Kisten gleich ins Auto laden solle.

Wieder zuhause ist alles viel komplizierter, jetzt könnte man tatsächlich jemanden gebrauchen, der die Kisten ins Haus trägt, m nämlich ist müde und hungrig und hängt an Mamas Bein, Mama kann also keine Kisten schleppen. Aber da kommt schon H., will m bespaßen, m allerdings ist müde und hungrig und will nicht bespaßt werden, höchstens vielleicht von Mama.

Hat nämlich alles ein wenig länger, zu lange, gedauert, nach dem Raiffeisenmarkt galt es, einen Fahrradschlauch zu besorgen, aus Gründen. In M., sagte der B., da gäbe es einen Fahrradladen. Gibt es auch, man muss sich allerdings momentan zwischen Baggern, Lastern, Pflastersteinen und Bauarbeitern einen Weg bahnen, ein Fahrradfahrer macht das auch, Stopp!, will man ihm zurufen, sieht der denn den Graben nicht, zwei Meter tief, einen Meter breit; Stopp!, ruft einer der Bauarbeiter, aber da ist es schon geschehen, der Fahrradfahrer ist zwar nicht in den Graben, aber kurz vor dem Graben auf die Straße gestürzt, seine Hände, die seltsamerweise in grünen Gummihandschuhen stecken, zittern, ansonsten ist anscheinend nichts weiter passiert, ein verbogener Fahrradkorb, puh, nochmal Glück gehabt.

Der Fahrradladen allerdings hat geschlossen. Urlaub. Ab heute.

Wir bahnen uns den Weg zurück zwischen Baggern, Lastern, Pflastersteinen und Bauarbeitern hindurch, beim Bäcker würden wir anhalten, doch der Bäcker ist umgezogen, man kann es ihm nicht verdenken.

In H., sagte der B., da gäbe es auch noch einen Fahrradladen. Wir fahren also weiter nach H., aber dort – herrje, hängt ein Schild an der Tür des Fahrradladens: „Closed“. Stimmt so nicht, stellt sich heraus, auch wenn die Atmosphäre tatsächlich mehr der eines geschlossenen Clubs gleicht. Der Mann, der uns den kaputten Fahrradschlauch abnimmt, sieht aus, als wäre er gerade selbst gern zum Bäcker gegangen oder an den nächsten Strand (nur wozu dann die Luftpumpe in seiner Hand), die anderen beiden ignorieren uns gekonnt, m findet das alles auch gar nicht so spannend und ich traue mich kaum zu fragen, ob er den neuen Schlauch vielleicht auch gleich auf den Reifen … Macht er aber, kein Problem, und auch einen zweiten Schlauch bringt er mir noch, Ich flicke keinen Reifen mehr, hat der B. gesagt und wenn ich mir unseren Versuch eines geflickten Reifens so anschaue, stimme ich ihm zu. Der Fahrradmann hält uns die Tür auf, vielleicht ist das auch nur ein Zufall, vielleicht geht er jetzt doch noch zum Bäcker, davon geht er jedenfalls, immer noch, beziehungsweise schon wieder die Luftpumpe in seiner Hand.

Nun lehnt er am Fahrradanhänger, der Reifen, es war ja keine Zeit mehr, m müde und hungrig, Sie erinnern sich, auch ich hatte Hunger und dann vergisst man den Reifen, beziehungsweise man vergisst ihn nicht, aber um ihn anzubringen, müsste man wieder Schuhe anziehen, m und sich selbst, und vorher noch schnell die Wäsche aufhängen und den Geschirrspüler ausräumen und Huch, wieso ist es plötzlich schon so spät, P. und H. warten schon, es gibt Erbsen (und Kartoffeln und gelbe Rüben und Frikadellen), m isst fünf Erbsen (und ungefähr 0,002 Gramm untergeschmuggelte Kartoffeln und gelbe Rüben).

H. fragt, was man am Samstag so vorhabe, Oha, da steckt meistens etwas dahinter und das tut es auch, m ist immer noch müde, jetzt müssen wir aber dringend los, m schläft dann auch prompt ein, im Kinderwagen, schläft auch weiter, als ich den Kinderwagen die provisorischen Stufen hoch ins Haus hinein zerre. m schlief ja auch gestern weiter, als direkt neben ihr mit unsäglichem Getöse das Kinderbettseitenteil zu Boden krachte; später allerdings, als der MMM Bettdecken ausbreitete, dieser leise Windhauch war zu viel, davon wachte m natürlich auf.

Und natürlich wacht m auch auf, als ich diesen Text schreibe, bleibt eben die Hälfte ungesagt ungeschrieben, die Geschirrspülmaschine muss ja auch wieder eingeräumt werden und Huch, wieso ist es plötzlich schon so spät.