Tja. Das mit der Empörung müssen andere übernehmen, ich bin ziemlich schlecht darin. Das fing schon mit meinem ersten Auto“unfall“ an*. Da habe ich jemandem den Spiegel abgefahren, derjenige konnte das ziemlich gut mit der Empörung, ich hab die ganze Aufregung nicht verstanden und war schwer damit beschäftigt, einen Lachanfall zurückzuhalten.
Später kam ich dann noch kurz ins Schlingern, als es nämlich darum ging, dem Besitzer des Autos, also des Autos, dessen Fahrerin ich gewesen war, von besagtem Unfall zu berichten und davon, dass, nun ja, der Spiegel am eigenen Auto auch nicht mehr so ganz gerade hing.
Das Schlingern hätte ich mir sparen können, der Autobesitzer (der mittlerweile ein anderes, ziemlich zerdellertes Auto sein Eigen nennt, aber das ist wiederum eine andere Geschichte) lebt da ganz nach der Maxime: „Hauptsache, es ist niemandem etwas passiert.“
Heute morgen jedenfalls stand ich an einem öffentlichen Bücherregal, beziehungsweise ich gesellte mich zu den beiden Männern, die schon vor mir an diesem Regal standen, wunderte mich kurz darüber, dass einer von ihnen mit fünf Büchern davonging (wer findet schon an einem öffentlich Bücherregal gleich fünf potentiell interessante Bücher? Ich war kurz neidisch), dann wunderte ich mich umso mehr, als der verbliebene Mann sich – genau – empörte, nämlich darüber, dass der andere diese fünf Bücher einem Antiquariat anbieten würde, das mache der nämlich immer so, der würde sämtliche öffentliche Regale abklappern, das mitnehmen, was potentiell von Interesse ist und dieses dann Antiquariaten anbieten.
Ja und? Mal wieder verstand ich die Aufregung nicht.
Asoziales Verhalten sei das, wurde mir gesagt.
Der verbliebene Mann ging davon, als er merkte, dass aus der gemeinsamen Empörung nichts werden würde.
Und ich wunderte mich immer noch. Diese Regale sind üblicherweise gut gefüllt, ist doch prima, wenn einer Platz macht. Aber darum geht es wohl nicht, es geht vermutlich darum, dass man seine Bücher hineinstellt, um sie anderen zur Verfügung zu stellen. Nur sehe ich dann immer noch kein Problem. Vermutlich geht es also darum, dass einer mit dem Buch, das ich weggebe, Geld macht.
Zum einen bezweifle ich, dass man damit tatsächlich Geld machen kann, oder zumindest nicht mehr als beispielsweise ein Flaschenpfandsammler. Aber selbst dann. Na und?
Wenn ich was ins Regal stelle, bin ich hauptsächlich froh, es loszuwerden. Was danach mit dem Buch passiert, ist mir doch egal. Ob einer Geld damit verdient, ebenso. Hätte ich ja theoretisch auch machen können, hätte ich das gewollt.
Vielleicht ist meine mangelnde Empörung auch darin begründet, dass ich nicht davon ausgehe, in einem öffentlichen Bücherregal antiquarische Schätze zu finden (mal ganz abgesehen davon, dass ich sie nicht erkennen würde).
Vielleicht sollte ich Dr. Dr. Erlinger fragen. Oder das Buch** lesen, dessen Titel ich für diesen Beitrag geklaut übernommen habe.
Vielleicht solle ich es mir auch weiterhin in meiner sehr entspannten Welt gemütlich machen.
* Das fing natürlich schon viel früher an, aber egal.
** Empört Euch!, Stéphane Hessel