Kniestock und Co.

Sprüche, von denen ich glaubte, nie in die Verlegenheit zu geraten, sie nutzen zu müssen.
(Muss ich natürlich auch nicht. Passt aber so gut. Also:)

Wenn mir das vor zehn Jahren jemand gesagt hätte!
(Sie dürfen sich einen theatralischen Seufzer dazudenken)

Ich? Nö. Hätte ich gesagt. Vielleicht noch ein „mit Sicherheit nicht“ hinterhergeschoben. Will ich nicht, mag ich nicht, sollen das doch andere machen.
Aber es kommt ja sowieso immer alles anders. Als man denkt.

Gestern war ich jedenfalls beim Bauamt und habe mir von einer freundlichen Frau einen Bebauungsplan kopieren lassen. Kostet nix! Kaum zu glauben.
Ist aber auch das einzige, das dich nichts kosten wird, sagt T., die es wissen muss.

Ich hingegen weiß noch gar nichts. Kürzlich habe ich mir etwas von Diffusion erzählen lassen und kein Wort verstanden. Na gut, die Ursache des fehlenden Verständnisses könnte der mangelnde (Verständnis-)Wille gewesen sein. Vielleicht lag es auch an der Fülle der Informationen und dem vielen neuen Vokabular (Kniestock, beispielsweise). Der MMM hingegen verstand die Sache mit der Diffusion anscheinend ohne weiteres, zumindest hätte man das aus seinen Kommentaren und den Fragen, die er stellte, schließen können. Früher hätte ich gestaunt und mir gedacht: Boah, was der MMM so alles weiß. Seit einem längst vergangenen Wohnungssuche-Tag lasse ich mich allerdings nicht mehr so schnell hinters Licht führen. An eben diesem Tag erzählte uns ein potentieller Vermieter etwas vom Fischgrätparkett und der MMM erweckte ebenfalls den Anschein, genau zu wissen, was das ist und wie und warum und überhaupt.
Tja, was tut man nicht alles, um potentielle Vermieter von sich zu überzeugen. Die Wohnung war dann allerdings doch zu doof und zu teuer und am Ende haben wir die genommen bekommen, bei denen ich vor Vermieters mit B.’s Katze angegeben hatte. Hehe.

Apropos. Der Kater. Der Kater ist ja mehr so ein Besuchskater. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass er umziehen will. Aber wie ich ihn kenne, wird er uns diese Entscheidung sowieso abnehmen. Und es kommt ja doch wieder alles anders. Als man denkt. Und außerdem dauert das noch. Wie ich uns kenne, könnten es nochmal zehn Jahre werden.

Leserbriefe an Autoren …

… bei denen es zu beschwerlich (unmöglich?) ist, eine Kontaktadresse herauszufinden.
Nummer 1:

 

Liebe Charlotte Inden,

bitte hören Sie niemals auf, Jugendromane zu schreiben. Ich will die alle lesen. Den ersten, „Anna und Anna“, habe ich in einer Buchhandlung entdeckt, an der Kasse setzte die Verkäuferin ein seliges Lächeln auf und sagte: „Das ist schon etwas ganz besonderes, nicht wahr?“
Ich weiß nicht?, dachte ich. Dabei wusste ich, ein bisschen, denn schon rein äußerlich betrachtet war das Buch etwas besonderes, etwas besonders Hübsches, aber ob der Inhalt da auch mithalten kann?
Ja, konnte er und ich glaube, das habe ich Ihnen sogar schon geschrieben, jetzt, wo ich die letzte Seite von „Anna und Anna“ noch einmal aufschlage und „Schreibt mehr Briefe!“ lese, erinnere ich mich daran, genau das getan zu haben.

Heute jedenfalls habe ich die letzte Seite von „Operation 5 Minus“ zugeschlagen und – ach. So sollte das immer sein, wenn man ein Buch zuschlägt. Dieses wohlige Gefühl, das einen erfüllt, dass man Hoffnung schöpft, für die Welt oder auch dafür, dass es möglich ist, Bücher zu schreiben, die Werte vermitteln, es aber nicht nötig haben, mit Moralkeulen um sich zu schlagen.

Dieses Mal habe ich das Buch in der Bücherei gefunden, es wurde mit „Freundschaft“ verschlagwortet und ja, so ungefähr stelle ich mir das bestenfalls vor mit der Freundschaft. Natürlich geht es nicht nur um Freundschaft, es geht auch darum, (der Freundschaft wegen) das Richtige zu tun oder eben das Falsche; darum, sich für letzteres zu entscheiden, aus Gründen und obwohl man weiß, dass es eben nicht das Richtige ist und schließlich auch darum, was zu tun ist, wenn das Falsche getan ist.

Das ist so ein Buch, nach dem ich erst einmal kein anderes lesen will, weil es sicher nicht an dieses heranreichen wird, und weil ich mir das Gefühl noch ein wenig bewahren will, das wohlige.

„Hoffnung ist ein Federding“, zitieren Sie Emily Dickinson im Buch. Ich hege die Hoffnung, weitere Bücher von Ihnen lesen zu können.

Weil sonst nichts mehr geht.

erdbeeren

Und es mich immer, immer glücklich macht, an einer Schale Erdbeeren zu riechen.
Einer Pappschale.

Weil ich immer an T. denke, wenn mich ein Geruch woandershin versetzt. An T., die nirgendwohin versetzt wird, nicht durch einen Geruch. An T., bei der ich andauernd ins Fettnäpfchen trete, weil ich es schon wieder gesagt habe.
„Wie das riecht!“

Weil ich bei weißem Pfeffer auch immer gleich an Sauerkraut denken muss und an Holzbretter auf einem Tisch. Weil mich die Waschmittel-Abteilung im Supermarkt glücklich macht. Genauso wie blühender Holunder, Flieder, Seidelbast. In Zitronenmelisse greifen. Sogar der Gülle-Abend in Pfunders, jedenfalls im Rückblick. Der Geruch eines Sees oder der von sonnengewärmten Kieferwäldern. Thymianwiesen. Rapsfelder. Kartoffeln, die man aus der Erde holt. Erde.

Und immer wieder der Geruch von Erdbeeren im Pappschalen.
Kleines, großes Glück.