Die Gesellschaft.

„Von Schwangeren wird erwartet …“
„Es wird allgemein erwartet …“
„Als Schwangere steht man unter gesellschaftlichem Druck, …“

Aus aktuellem Anlass nehme ich gerade an einer Umfrage teil, die Studentinnen des Studiengangs Pflegepädagogik erstellt haben. In dieser Umfrage sind unter anderem die obigen Zitate zu finden.

Ich wundere mich mal wieder. Ob „meine“ Gesellschaft eine andere ist als die allgemeine. Von mir hat niemand irgendwas erwartet. Also nicht, dass ich wüsste.
Und eigentlich bin ich ganz gut darin, nicht ausgesprochene Erwartungen herauszuhören, aber vielleicht „funktioniert“ das auch nur für die Erwartungen des MMMs oder die von R., die dann doch gar nicht so unausgesprochen daherkommen, nur ein bisschen verkleidet, mehr so in Richtung: „Also ich an eurer Stelle würde das so und so machen“ oder „Also ich könnte mir vorstellen, dass es dem Feigenbaum auf der Terrasse zu kalt ist.“
Da kommt dann allerdings auch kein Druck auf, im Gegenteil, ich habe eher meinen Spaß damit, die verkleideten Erwartungen auch bei der zwölften Wiederholung gezielt zu überhören.

Und vielleicht ist das auch mit „der Gesellschaft“ und mir so. Mir doch egal, was die vermeintlich von mir will.
So egal, wie es einem nun mal sein kann, natürlich wird man beeinflusst, natürlich sind da überall Leute, die alles am besten wissen, auch, was für mich, für uns gut ist, aber was interessiert mich das. Ob man nun stillen soll oder nicht, impfen oder nicht und all diese Themen, mir doch egal, was „die Gesellschaft“ dazu sagt, Hauptsache, der MMM und ich sind uns einig.
Überhaupt scheint die mir eigene Bequemlichkeit endlich mal für etwas gut zu sein, ich lese immer noch lieber Romane als irgendwelche Ratgeber, in denen geschrieben steht, wie ich dies und das zu tun hätte und von Heublumenbädern habe ich beispielsweise zum ersten Mal gehört, als es quasi schon zu spät dafür war und vielleicht hätte das gewisse Dinge tatsächlich etwas einfacher gemacht, aber zuerst einmal hätte es gewisse Dinge schwieriger gemacht, ich hätte mir zum Beispiel Heublumen besorgen müssen und eine Badewanne noch dazu und meine Güte, das ist mir schon wieder viel zu umständlich.

Ging auch so.

Er kommt nicht mehr.

Der Kater.

Ein klein wenig Hoffnung ist da noch. Vielleicht ist er einfach nur sauer, dass wir ihn mal eben allein gelassen haben. Dabei haben wir für Futternachschub gesorgt. Sogar solches Futter, vor dem er nicht (an)klagend sitzen und nach etwas Ordentlichem verlangen muss.

Vielleicht werde ich irgendwann die Decke fürs Sofa wegräumen. Und das Futterschälchen. Und den Wassernapf.

Vielleicht werde ich irgendwann nicht mehr zur Tür schauen und mir einen schwarzen Schatten einbilden. Nicht mehr darauf warten, dass er ans Fenster trommelt, im Dunklen ein kleiner, weißer Fleck aufleuchtet, mich zwei Katzenaugen anstarren.

Vielleicht wird er sich nie mehr neben mir zusammenkringeln, beruhigend auf mich einschnurren, kopfstoßend nach Streicheleinheiten verlangen, beim Wäsche aufhängen unters Sofa verschwinden, nach Mehr!Mehr!Mehr! schreien.
Keine Spuren mehr durch den Schnee trampeln. Nicht mehr unter den Brombeeren in der Sonne herumliegen. Nicht mehr idyllisch durch den Garten getrippelt kommen, sobald die Tür aufgeht.

Denn da war er, eines Tages vor der Tür, einfach so, noch ein bisschen unsicher, ob uns zu trauen ist. Aber die Katze war schließlich auch da, die traute uns auch und die Katze war viel misstrauischer als er, der Kater.

Der Kater, der eines Tages vor der Tür stand, einfach so.
Jetzt nicht mehr.

Nikolausi*.

nikolausi

So ein Nikolausglaube wird belohnt. Zuerst kam das Päckchen von B. B., die momentan in Mexico zu Hause ist, es aber trotzdem schafft, regelmäßig (unter anderem) Nikolauspakete zu verschicken. Wie macht sie das nur, fragt sich mich der MMM immer wieder. Weiß ich auch nicht. Ich frag mich ja eher, wann sie endlich so einen das-hab-ich-gemacht-Blog aufmacht, in dem man all die wunderschönen Sachen bestaunen kann, die sie so verschenkt.

Und vorher kamen ja auch noch die Zimtsterne von J. Zimtsterne! Mitsamt Adventskalender und das, wo ich mir gerade einen gewünscht hatte. Zimtsterne sowieso.

Gestern dann eine herzliche Umarmung vom Nikolaus. Und ein Päckchen aus dem Sack.
Außerdem ein Versorgungspaket in Aussicht. Inklusive Gutszcher**.
Heute Morgen Frühstück mit Schoko-Nikoläusen.
Und Sonnenschein.

Heimfahrt.

An der eigenen Haustür hängt eine Nikolausmütze. Neben der Haustür: Ein Nikolauspaket. Für mich! Na gut, der MMM darf die Rum-Ecken haben.
Hinter der Haustür, vor der Wohnungstür: ein zweites Nikolauspaket. Für uns!
Ja sowas.
Im ersten Nikolauspaket außerdem noch (unter anderem) Quittengelee!
Ja sowas. Meine Wünsche scheinen sämtlichst in Erfüllung zu gehen.

Zwischendurch besuchen wir den Weihnachtstrubel vor Ort. Glücklicherweise ohne die Geister***, stattdessen mit den Singmäusen. Und der schwierigen Entscheidung zwischen getoastetem Sandwich, Dampfnudeln, Waffeln oder Hamburger mit Pommes.

Wieder daheim klopft K. an die Tür, einen Adventskalender in der Hand. Der ist auch für uns.

So kann das gerne weitergehen.

DANKE!

 


* Gerhard Polt mal wieder. Aber in Erinnerung bleibt vor allem der Neffe, der uns Nikolausi-Osterhasi mit Müh und Not vorgetragen hat, Müh und Not, weil er vor Kichern und Prusten kaum sprechen konnte. Herrschaftszeitenmalefiz.
** Weihnachtsplätzchen, dieses Mal auf Pfälzisch.
*** Die örtliche Guggenmusik. Das erste Mal auf einem Vorjahresweihnachtstrubel gehört, als sie stolz verkündeten, für die Weihnachtslieder sogar geübt zu haben. Nicht genug, meinte der MMM, nicht genug.

WmdedgT – 12/2015

WmdedgT – Was machst du eigentlich den ganzen Tag? Fragt Frau Brüllen.

Aus dem Fenster gucken. Das fing schon frühmorgens an, auch wenn da noch gar nicht allzu viel zu sehen war, weil: Nebel.

Dann Frühstück, Weihnachtsgutsel*frühstück. Sehr lecker. Und die Sonne schafft es gerade so über den Nebel.

Nach dem Frühstück: Ausgucksplatzwechsel. Und erneute Müdigkeit, daher erfolgt ein genereller Sitzplatzwechsel mit anschließendem Einschlafen.

Die Sonne kommt raus, der MMM, der mal eben weg war, kommt zurück und berichtet von einem krummen Weihnachtsbaum und klammen Fingern.

Ich lese endlich mein aktuelles Buch zu Ende.

Die Anverwandten klingeln. Zum Glück, R. hat nämlich das Essen fertig und ich habe Hunger. Also: Essen. Schon wieder sehr lecker.

Keine Ahnung, was dann noch so war, man sitzt eben so und redet, die Sonne geht fast schon wieder unter, der MMM ist längst wieder weg und wir gehen dann auch mal los, zum Weihnachtsmarkt mit dem krummen Baum.

Wo wir gerade noch so den Nikolaus antreffen. Die anverwandten Kinder bekommen ein Nikolauspäckchen. Ich auch.

Eine Waffel Zwei Waffeln bekomme ich auch noch. Von R., nicht vom Nikolaus. Der MMM trägt Glühweintassen herum (leere). Die anverwandten Erwachsenen tragen ebenfalls Glühweintassen (volle). Man streitet sich darüber, wer bezahlen darf.

Ein anverwandtes Kind und ich machen uns in des MMMs Auto auf den Heimweg.
Ich verliere ein bisschen im Memory, gewinne ein bisschen im Memory, wir gucken gemeinsam aus dem Fenster, halten noch mal Ausschau nach dem Nikolaus (erfolglos), diskutieren die Frage, ob es ihn überhaupt gibt (natürlich!), ich lasse mir von Ameisen in Spanien erzählen, von lila Salat vorlesen, ich selbst lese von Baggerfahrer Ben vor und irgendwann treffen dann auch die restlichen Anverwandten wieder ein, nur um sich wenig später zu verabschieden.

Zeit für ein Feuer. Und ein Kalbsleberwurstbrötchen.

Dann geht es mal wieder um Kellerwände, Sonneninseln, Dachfenster, elektrische Rollläden, Putzscheren und ähnliches. Bis zum Kapazitätsoverflow. Na ja, noch ein bisschen darüber hinaus.

Danach geht nur noch Fernsehen. Braucht man ja kaum Kapazität dafür.

 

* Plätzchen

Mein lieber Dezember.

Nein, das war heute kein guter Anfang mit uns beiden. Na gut, es hat geregnet, war grau und trüb wie ein richtig guter Novembertag, aber dann, dann ging es ziemlich schnell abwärts.

Dafür, dass ich schon wieder bei der Ärztin herumsaß, kannst du ja nichts, auch nicht dafür, dass das mitgebrachte Buch ziemlich öde ist, da war es fast schon halb so schlimm, dass ich andauernd das Lesen einstellen musste, weil das neue Leben Purzelbäume schlug – zu Recht! – keine Lust auf Überwachung hatte.
Alles gut, hieß es dann und da war auch bei mir noch alles gut.
Ab sofort kommen Sie bitte zwei Mal pro Woche, hieß es als nächstes und schwupp, schon war die Laune, also meine, im Keller. Man hat ja noch ein anderes Leben.
Und warum eigentlich (zwei Mal pro Woche)? Das ließ sich nicht klären, also, es hätte sich sicher klären lassen, hätte ich darauf bestanden, aber bestehen ist schwierig, noch dazu, wenn man hauptsächlich aus der Arztpraxis herauswill.

Um Zimtsterne einzukaufen. Die waren zum Glück noch nicht ausverkauft, wäre auch eher verwunderlich, bei dem Preis. Die Laune machte einen Schwenk nach oben, aber dann ging ich – eigentlich wegen etwas anderem, harmloserem – in den Drogeriemarkt und mir fielen die Weihnachtsgeschenke wieder ein. Solche von der Kategorie „Keine Ahnung, was man schenken soll, nichts macht Sinn, alles, was einem dazu einfällt, ist total langweilig, aber nichts schenken geht auch nicht (aus Gründen).“
Immerhin, ich bin dann mit Geschenken aus dem Laden gegangen. Das sollte eigentlich die Laune heben, aber aus überhöhtem Anspruchsdenken und wegen „das ist alles falsch“-Gefühl tat es das nicht.
Die Laune also weiterhin im Keller, die mitgebrachte Tasche übervoll, vielleicht wäre es am besten, nach Hause zu fahren und den Dezember hinter dem Fenster zu begucken.

Gedacht, getan, es kam sogar recht fix eine Straßenbahn, aus der dann eine alte Dame aussteigen wollte. Sie hatte auch schon eine junge Helferin für die schier unüberwindliche Stufe von der Bahn auf den Boden gefunden. Dann aber wollte der mittelalte Herr hinter der alten Dame ebenfalls mithelfen und griff ihr ungefragt unter die Schultern, was sie mit einem „Lassen Sie mich los!“ quittierte. Der mittelalte Herr, der mit dieser Zurechtweisung ganz und gar nicht zurecht kam, schaltete übergangslos in den Motzmodus um und war nun kurz davor, die alte Dame aus der Bahn zu schubsen. Beschränkte sich dann aber doch darauf, einfach nur herumzumotzen.
„Dann machen Sie halt mal vorwärts, Sie schusselige alte Frau.“ In der Art.
Was der Herr unbestimmten Alters hinter mir wiederum mit einem „Die Leute haben kein Herz mehr“ quittierte.
*seufz*

Schlussendlich quetschte ich mir auch noch den neuen Lieblingsschal im Jackenreißverschluss ein und schaffte es nicht, ihn von dort wieder herauszubekommen, ohne ein Loch in den Schal zu reißen.

Tja, lieber Dezember. Jetzt gibt alles. Sonst kommt später der MMM nach Hause, ich zeige ihm die Geschenke, er stimmt ein „Jo“ der Kategorie „Na ja, umhauen tut es mich jetzt nicht“ an und wundert sich dann darüber, wo all die schlechte Laune herkommt, die plötzlich aus mir herausplatzt.

Und dabei ist doch alles halb so schlimm. Ich hab sogar Zimtsterne, im Grunde ist also alles bestens.
Ich will trotzdem den November zurück.
Menno.