Unterm Feigenbaum.

Jetzt, wo es auf einmal wieder Sommer geworden ist, sitzen wir nachmittags nicht auf der Terrasse, sondern auf dem Mäuerchen unterm Feigenbaum, denn dort ist Schatten. Außerdem sind wir dort näher an der Straße, und ich, die ich gerade noch geschrieben hatte, dass mir Leute zu anstrengend sind, sitze gern an der Straße und warte darauf, dass etwas geschieht. Oder jemand vorbeikommt. Weil der Tag lang ist und m irgendwann die Wohnung zu klein wird.

Manchmal geschieht nichts, das ist auch nicht weiter schlimm, dann hören wir einfach dem Wind zu, der durch den Feigenbaum raschelt und sehen zum Wald hinüber. Manchmal fährt ein Auto vorbei. Oder ein Moped. m findet Autos und Mopeds interessant, wobei, genaugenommen findet sie wohl eher die Geräusche interessant, die vorbeifahrende Autos und Mopeds machen.
Manchmal hält eins der Autos an, ein älterer Herr steigt aus und lacht mit m. m lacht lieber mit Frauen als mit Männern, aber der hier ist hartnäckig und wird mit einem Lachen belohnt.
Manchmal kommt auch die Nachbarin vorbei. Oder der Nachbar. Oder der neue Vermieter. Oder der Papa des neuen Vermieters.
Oder K. singt ein Lied.
Es ist meist erstaunlich viel los unterm Feigenbaum.

H. hat in der neuen, alten Heimat mal eine Mauer ausgebessert, eine Mauer an der Straße. H. sagte, er sei kaum zum Arbeiten gekommen, weil andauernd jemand vorbeikam und mit ihm geredet hat.

Daran muss ich denken, als wir einmal nicht unterm Feigenbaum sitzen, sondern neben dem Feigenbaum Rosen schneiden. Genaugenommen schneide ich Rosen, m sitzt im Kinderwagen und schaut zu. Genaugenommen schneide ich auch keine Rosen, denn andauernd kommt jemand vorbei und erzählt mit uns.

In der neuen, alten Heimat werden wir auch einen Feigenbaum haben. Man weiß nicht, ob dieser Feigenbaum ein großer werden wird, denn die neue, alte Heimat ist ein paar Grad kälter als diese hier. Wir wissen auch noch nicht, wo er stehen wird. Aber es wird eine Bank geben, eine Bank vorm Haus, eine Bank an der Straße. Und dort werden wir sitzen und es werden Leute vorbeilaufen, stehen bleiben, sich dazusetzen.

So wird es sein und es wird gut sein.

Aber den Platz auf dem Mäuerchen unterm Feigenbaum, den werde ich vielleicht doch ein klein wenig vermissen.

Allgemein

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