Mit dem Zug unterwegs sein, das ist fast so gut wie ein Waldspaziergang. In mancher Hinsicht vielleicht sogar noch besser, zumindest, wenn man dahin fährt, wo man bisher noch nie war.
T. findet es furchtbar, dieses „im Unbekannten ankommen, sich zurechtfinden müssen, wo fährt jetzt die Straßenbahn nach X, etc.“
T. und ich sind in mancherlei Hinsicht dann doch ziemlich verschieden.
Zugfahren jedenfalls. Eine wunderbare Sache. Ich rede natürlich vom Fernverkehr, vom entspannten Fernverkehr. Viel Platz, überhaupt ein Sitzplatz, keine „lustige“ Reisegruppe um einen herum, auch keine Schulklasse auf dem Weg ins Landheim, schon gar keine Menschen mit Bierdosen auf dem Weg zu einem Fußballspiel. Stattdessen harmlose, sich mehr oder weniger ruhig verhaltende Menschen, die man unauffällig betrachten und deren Gespräche man ebenso unauffällig belauschen kann. Was man da so alles hört.
Aber meistens höre ich gar nicht, sondern schaue aus dem Fenster. Selbst wenn man da draußen gar nicht so viel sieht. Felder. Bäume. Wald. Häuser. Felder. Nur Tunnel sind doof. Aber die versierte Reisende hat natürlich ein Buch dabei.
Aus dem Fenster schauen ist jedenfalls eine ganz großartige Sache. Verordnetes Nichtstun, wieder einmal. Ich bin da in guter Gesellschaft, Gerhard Polt macht das auch gern, also im Zug aus dem Fenster schauen. Und Gerhard Polt ist sowieso eins meiner größten Vorbilder** in Sachen Nichtstun.
Felder. Bäume. Wald. Häuser. Felder.
Oder Regen. Regen ist auch ganz großartig, wenn man gerade im Zug sitzt. Dem Regen da draußen zusehen, vor allem aber den Tropfen, die sich auf der Fensterscheibe ihre Wege bahnen.
Mir ist plötzlich so meditativ zumute.
Vermutlich trägt auch viel zur Entspannung bei, dass ich hauptsächlich privat mit dem Zug unterwegs bin. Es völlig egal ist, ob ich um 15:05 Uhr ankomme oder doch erst eine Stunde später. Dass ich mich auf das Ziel freue. Vermutlich trägt zur Entspannung auch bei, dass ich es höchst selten mit Verspätungen zu tun bekomme. Beziehungsweise wenn doch, sitze ich meist schon im Zug und im Zug sitzend Verspätung zu haben ist weit weniger schlimm, als draußen auf dem Bahnsteig stehend auf einen verspäteten Zug zu warten.
Aber nun ja, so lange das Buch gut ist, lässt sich auch das aushalten.
Zugfahren in die Schweiz ist natürlich noch viel großartiger, denn auf einmal sind da draußen grüne Wiesen, aber sowas von grün. Eine Kuh dazwischen, zwei, drei, vier. Und Berge. Noch mehr Berge. Ein See.
Dort, wo ich aussteige, ein noch viel größerer See. Noch höhere Berge. Mit Schnee!
Mehr braucht es doch gar nicht. Aber das sagte ich schon.
* Dieses schöne Wort ist leider nicht von mir, sondern von Gerhard Polt. Nachzulesen hier.
** Das größte natürlich der Kater.