Übers Schreiben schreiben, das ist doch bekloppt. Begründen kann ich das nicht, aber was kann ich schon begründen. Ganz davon abgesehen, sollte ich nicht lieber schreiben, als übers Schreiben zu schreiben?
Gerade las ich Euphoria*, darin hieß es, Sprache erschwere das Verstehen, ohne Sprache verstünde man mehr und besser (oder so ähnlich).
Aber zum Verstehen ohne Sprache sollte man zumindest ein Gegenüber haben, wie soll das sonst funktionieren. Wenn ich hier sitze und übers Schreiben nachdenke, ganz ohne Gegenüber, wer soll da etwas verstehen; selbst mit Gegenüber kann das doch nicht funktionieren, wenn ich nur denke und nichts weiter? Vor allem, wo ich die Gedanken noch nicht einmal selbst zu fassen bekomme, wo ich noch nicht einmal selbst verstehe?
Das heißt, Moment. Doch, das geht, das gibt es. Da gibt es jemanden, die in vermeintlich hingeworfenen Nebensätzen etwas schreibt und ich frage mich, woher zum Einhorn, weiß sie das und wie kann sie in einem Nebensatz etwas über mich sagen, was für zehn andere, die mich viel öfter sehen, niemals sichtbar werden wird?
Aber ich schweife ab. Ich wollte doch übers Schreiben schreiben. Das wollte ich schon, seit ich von Haruki Murakami Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede, gelesen habe, in dem es gleich neben dem Laufen auch ums Schreiben geht. Dann hat mich Murakami allerdings zum Schreiben motiviert und ich habe geschrieben, statt übers Schreiben zu schreiben.
Kürzlich aber hat mich m die halbe Nacht wach gehalten. Es gab nichts zu tun, zumindest fand ich nicht heraus, was ich hätte tun können, so hielt ich „einfach“ nur das Gebrüll aus und da ich dummerweise niemand bin, die in den Pausen zwischen dem Gebrüll einszweidrei wieder eingeschlafen ist, liege ich stattdessen weiter wach und denke, zumindest in diesem Fall, über Sam nach, genaugenommen denke ich nicht wirklich nach, wer kann das schon, nachts um drei Uhr, ich nicht, ich denke also nicht, weiß aber plötzlich etwas, nämlich, dass es das war. Die Geschichte mit Sam, an diesem Punkt ist sie zu Ende, das heißt, die Geschichte geht zwar noch weiter, ich kann sie aber nicht weiter erzählen, denn Sam sagt, alles weitere ginge mich einen Scheiß an.
Und dann liege ich da, mitten in der Nacht und bin ratloser als zuvor, wusste ich doch noch nie, was das mit Sam eigentlich soll und jetzt sagt er mir, hier sei Schluss, ich hätte das Dazwischen, bis hierher und fertig. Und dann frage ich mich (zum wiederholten Mal), was für eine Geschichte das sein soll, es erschließt sich mir immer noch nicht, ich weiß auch nicht so recht, wie ich das herausfinden soll, gleichzeitig weiß ich, dass ich es schon noch herausfinden werde, irgendwie, und dann frage ich mich, was das jetzt wieder mit mir zu tun hat, denn das Schreiben, das hat doch immer etwas mit einem selbst zu tun, zumindest in meinem Fall und gerade fällt mir auf, dass ich, was mein Leben betrifft, dieses Wissen leider nicht habe (dass ich es schon noch herausfinden werde) und dann fällt mir Murakami wieder ein, der schrieb, er müsse schreiben, um sich über etwas klar zu werden (oder so ähnlich) – vielleicht schreibe ich deshalb jetzt diesen Text; als nächstes fällt mir ein, dass ich irgendwo gelesen habe, man müsse die richtigen Fragen stellen, aber das hilft mir auch nicht weiter (überhaupt hilft nie etwas weiter, so scheint es), denn was sind schon die richtigen Fragen, ich habe sie noch nicht gefunden, nicht in Bezug auf Sam, nicht in Bezug auf mein Leben und dann sitze ich und sehe aus dem Fenster, sehe die Laterne, die neue, die nicht ganz so idyllisch ist wie die alte, insbesondere, da sie momentan ein Dixi-Klo bescheint, ich sehe also auf die Laterne und wünsche mir, ich säße auf einer Dachterrasse, der T. erklärte mir zum wiederholten Mal Sternbilder, die ich längst wieder vergessen habe, frieren würde ich und in eine Kerze schauen und Gesprächen zuhören oder auch nicht, ich würde einen Whisky trinken und eine Zigarette rauchen und jemand anderes sein, aber gleichzeitig auch nicht und irgendwie schreibe ich jetzt doch nicht übers Schreiben aber vielleicht doch.
* Hätte mir jemand gesagt, ich würde einen Roman über Ethnologen in Neuguinea lesen, der Anfang der 1930er Jahre spielt, ich hätte laut und lange gelacht. Aber ich hatte Vater des Regens gelesen, ich wollte mehr von Lily King lesen, es gab nur dieses eine weitere Buch, was will man da machen, es lesen und ein Glück. Ich behalte es nämlich, das Buch und das, wo ich noch nicht mal ein Bücherregal habe.