Doch, das hat etwas miteinander zu tun. Das ist nämlich so:
Kürzlich war ich allein zu Haus und zwar im Haus der Schwiegermama. Eben jene war ungefähr 2.000 Kilometer weit weg, auch der MMM war weg, wenn auch nicht ganz so weit, jedenfalls war ich allein und hatte nichts besseres zu tun, als fernzusehen.
Es kommt ja nix.
Sagt man gern mal.
Stimmt ja auch meistens. In dem Fall war mir aber sowieso nach Trivialität und unterster Schublade, dass auf Vox gerade Shopping Queen lief, kam mir da ganz recht. Man lernt ja durchaus dazu, selbst in diesem Fall. Seither weiß ich, was eine Clutch ist.
Außerdem könnte das mit der Trivialität und der untersten Schublade auch ein Vorurteil sein. Vielleicht.
Nun ja. Die Sendung dauerte gefühlte drei Stunden. Ein Drittel davon waren Werbepausen, ein weiteres Drittel die Wiederholung dessen, was man vor der Werbepause schon mal gesehen hatte. Dann bleibt noch das Eigentliche, in diesem Fall geht jemand Kleider und Accessoires einkaufen, während andere die Wohnung der Einkaufenden durchstöbern. So richtig. Inklusive Schränke und Schubladen öffnen und währenddessen mehr oder weniger hämische Kommentare zum Durchstöberten abgeben. Wenn man Pech hat, bringt eine der Durchstöbernden noch ihren Hund mit, der dann munter sabbernd durch Wohnung und Bett hüpft.
Irgendwann geht es ans Eingemachte bzw. Eingekaufte. Die Einkaufende führt vor (wird vorgeführt?), holt sich weitere Kommentare ab (nun meistens nicht mehr ganz so hämisch, da von Angesicht zu Angesicht), das Eingekaufte wird von den Durchstöberinnen mit Punkten beurteilt.
Danach brauchte ich erst einmal eine Fernsehpause.
Später regnete es immer noch, die mitgebrachten Bücher waren nicht ganz so mitreißend wie erhofft, der MMM war immer noch nicht da, ich „musste“ noch einmal fernsehen.
Dieses Mal traf ich im Bayrischen Fernsehen auf die Landfrauenküche. Gleiches Prinzip. Eigentlich.
Sieben Landfrauen besuchen sich gegenseitig, eine kocht, die anderen bekommen die Gegend gezeigt und später das Essen vorgesetzt, das die Eine gekocht hat. Für jeden Gang und fürs Ambiente verteilen die Bekochten Punkte; am Ende, in der achten Folge, gehen alle Sieben zusammen auf die Reise, eine Gesamtsiegerin wird verkündet und die Siegerinnen für Vorspeise, Hauptspeise und Dessert.
Die Sendung dauert eine Dreiviertelstunde, natürlich ohne Werbung, angenehmerweise auch ohne hämische Kommentare. Durchaus realistisch, dass die Frauen auch nach der Sendung noch befreundet bleiben (statt darauf zu hoffen, sich niemals wiederzusehen).
Die Bewertung bleibt geheim, am Ende erfährt man nur, wer jeweils gewonnen hat. Die Beteiligten beteuern des öfteren, sowieso allesamt Gewinnerinnen zu sein, allein durchs dabei sein.
Man glaubt es ihnen.
Und ich bekam beim Zusehen große Lust, selbst Landfrau zu werden. Ich weiß es natürlich besser, in Wirklichkeit könnte und wollte ich keine Landfrau sein, natürlich ist so eine Sendung auch immer ein bisschen weichgezeichnet, mit gelebten Träumen des Miteinanders, des Zusammenhelfens, im Einklang mit der Natur sein und all jenen Inhalten, die dafür sorgen, dass sich Zeitschriften wie Landlust so gut verkaufen.
Dass ein Miteinander auch nicht immer schön ist, dass die Natur auch mal Probleme bereitet, gerade, wenn man auf sie angewiesen ist, das wird das zwar auch erwähnt, aber mehr so am Rande.
Um aber mal die Kurve zu bekommen: Dafür zahle ich gern GEZ. Obwohl wir gar keinen „echten“ Fernseher besitzen. Den gibt es nur bei der Schwiegermama.
Eben jene ist mittlerweile längst wieder zu Hause, ich bin es auch, der MMM allerdings genauso wenig wie der Kater.
Ein Sonntag zum Fernsehen, dachte ich mir und suchte nach einer bisher ungesehenen Folge der Landfrauenküche.
Wenn ich mich selbst versorgen muss, ist es ja meistens so, dass der MMM hinterher, wenn er zurückkommt und hört, wie ich mich versorgt habe (oder eben auch nicht), kopfschüttelnd Pläne für eine gesunde Gemüseküche macht, die er prompt in die Tat umsetzt.
Das muss er diese Mal nicht tun. Den Kopf schütteln meine ich, von der gesunden Gemüseküche lässt er sich vermutlich nicht abbringen.
Denn ich habe ja den Landfrauen zugesehen. Und die sind total begeistert von dem, was sie tun und vor allem von dem, was sie kochen. Sehr ansteckend, diese Begeisterung, gerade dann, wenn man noch nicht gefrühstückt hat.
Und damit bin ich am Ende beziehungsweise am Anfang, nämlich beim Labskaus. Von der Begeisterung der Landfrauen angesteckt, wollte ich auch etwas kochen, es waren noch ein paar hutzelige rote Rüben da, zwei Kartoffeln, Zwiebeln, ein Ei – die Entscheidung fiel leicht, sie fiel auf Labskaus*.
Während ich in der Küche werkelte, erzählte die portraitierte Landfrau aus ihrem Alltag, fing an zu kochen, ich ebenso und irgendwann saß ich unterm Terrassendach, auf das der Regen tropfte; vor mir mein Labskaus mit der letzten Gurke, einem Spiegelei und angebratenen Zwiebeln; vor mir auch der Laptop auf dem die letzten Minuten der Landfrauenküche liefen.
Sehr zufrieden saß ich da, sah in den Garten und war herzlich froh, an einem Punkt angekommen zu sein, an dem ich nicht mehr denke, ich sollte ebenfalls einen Gemüsegarten haben, ein paar Hühner, Gänse und Ziegen besitzen, in einem Chor singen, oder wenigstens ein Instrument spielen, Heuherzen binden und Marmelade einkochen, räuchern, käsen und metzgern lernen.
So schade ich es manchmal auch finde, mein Weg ist das nicht.
Aber an verregneten Sonntagen von den richtigen Wegen anderer Frauen zum Träumen eingeladen zu werden, das ist auch eine feine Sache.
* Labskaus kenne ich erst, seit ich dieses Buch besitze: Deutschland Vegetarisch von Stevan Paul und Katharina Seiser. Ein sehr empfehlenswertes Buch, kennengelernt habe ich es bei Herrn Buddenbohm, mein bisheriges Lieblingsrezept: Labskaus.