Armes Kind.

Kind: „Wääähhhäähhhääähhhh! Nein! Nein, ich will nicht! Wääähhhäähhhääähhhh!“

Mutter: seufzt, Vater: verdreht die Augen, Kind: schreit immer noch.

Mutter: „Aber Luis-Gustave, du kannst doch nächstes Mal … die Ann-Charlotte hat doch heute Geburtstag und deshalb …“

Kind: „Wääähhhäähhhääähhhh! Nein! Nein, ich will nicht in den BMW! Ich will Porsche fahren!“

 

Tja. Die Welt ist furchtbar ungerecht.

Verzaubert.

Zuerst wird es einfach nur stiller. Wald- und Bergstille. Sogar der Wind schläft. Droben hängen die Wolken graudunkel über den Gipfeln, drunten verstummt die andere, die laute Welt.

Ich sitze auf der Bank am Siebenbrünnlein, habe die Geschichte vom König, der Hexe und den verzauberten Königssöhnen gelesen und denke darüber nach, was ich wohl tun müsste, um die immer noch verzauberten Königssöhne zu erlösen, da sieht mich plötzlich ein Rehbock an, ein echter.
„Wer aus mir trinkt, wird ein Reh; wer aus mir trinkt, wird ein Reh.“

Ich fülle trotzdem meine Wasserflasche am Brunnen. Der Rehbock isst Buchenblätter und geht seiner Wege, ich esse Gummibären und gehe ebenfalls meiner Wege.
Komme an einen See und er liegt so still da, wie nur ein See daliegen kann. Die Berge stehen stumm um ihn herum, die Bäume spiegeln sich auf seiner Oberfläche, ich werfe einen Stein, noch einen, es ploppt, es ringt, kein Königssohn erscheint.

Die nächste Geschichte am Wegesrand erzählt von einem Riesen, der sich in eine Nixe verliebt. Es geht natürlich nicht gut aus, große Liebe, doch dann: „Aber Nixenglück währt nur einen Sommer lang.“

Mir ist ein wenig melancholisch zumute, nicht lange, der Weg verwandelt sich in einen Steig (Trittsicherheit! Schwindelfreiheit! Nur für Geübte!) und ich erinnere mich ans Angst haben und dass es mit dem Wandern so ist wie mit dem Skifahren: es macht dann am meisten Spaß, wenn ich auf dem Grat entlang balanciere, dem Angst-haben-Grat. Ich balanciere also und muss mich konzentrieren, nichts sonst hat mehr Platz in meinem Kopf und das ist gut so.

Schließlich stehe ich oben auf dem Gipfel, na ja, nicht ganz, auf dem Pass, der Scharte, aber höher werde ich heute nicht mehr kommen. Ich trinke vom Siebenbrünnleinwasser (nichts passiert), esse noch mehr Gummibären, könnte Stunden auf dieser Bank sitzen, aber dann mache ich mich doch wieder an den Abstieg.
Ich mag keine Abstiege, meine Knie fangen an zu schlottern, besonders das rechte, es hat sich von der letzten Überanstrengung noch nicht wieder erholt.
Mit jedem Schritt wird es lauter. In mir: Gedanken, Gedanken, Gedanken – und um mich herum: Autos, Lastwagen, Boote, Menschen, vor allem die.
Jemand fragt, ob ich mitfahren will, ich sage Nein und laufe und laufe und laufe, der Weg hat kein Ende, dann aber doch und schließlich sitze ich erneut an einem See, die Füße im Wasser; im Wasser auch eine Forelle (vermutlich), sie steht da und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, von mir jedenfalls nicht, die Sonne findet eine Lücke zwischen den Wolken und alles ist gut.
Irgendwo – in mir und um mich herum – verbirgt sich der traurige Riese und der König, der um seine verwunschenen Söhne heult und klagt, aber alles ist gut. Für den Moment.