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Es ist kompliziert. Allein unterwegs sein, dafür muss ich mir nichts zutrauen, dafür brauche ich keinen Mut. Vielleicht war es mal so, vielleicht habe ich mal welchen gebraucht, aber das wäre dann so lange her, dass ich es längst vergessen habe. Und vielleicht habe ich mir das damals auch nicht zugetraut, dieses allein unterwegs sein, aber siehe da, es ging und was für ein Spaß das doch ist.

Vielleicht gibt es also gar keinen Widerspruch. Oder doch, aber vieles ist ein Widerspruch.

Zum Beispiel Entscheidungen. Man gebe mir eine Speisekarte, ich lese sie mir durch und Zack, weiß ich, was ich essen will (im Normalfall). Andererseits kann ich tagelang überlegen, ob ich jetzt oder morgen das Bad putze (im Normalfall eher morgen).

Oder diese Gruppensache.
Ich wundere mich ja des öfteren darüber, über was sich andere Leute so Gedanken machen. Dass die Fenster ordnungsgemäß geputzt sind. Was man alles sein und tun muss, um „eine gute Mutter“ zu sein. Oder überhaupt ein guter Mensch. Ob man einfach so den Seminarraum verlassen darf oder nicht. Ob man eine Putzhilfe in Anspruch nehmen darf.
Und vieles andere mehr, meist im Hinblick darauf, was „die Leute“ wohl von einem denken.

Ist mir das so egal, was die Leute von mir denken.

Ich war mal bei einem Seminar, da sagte eine Teilnehmerin, sie hätte sich vorher Sorgen darüber gemacht, ob die anderen Teilnehmerinnen sie wohl mögen würden.
Ich hingegen hatte mich gefragt, ob ich die anderen mögen würde.
Vielleicht liegt das daran, dass ich davon ausgehe, dass mich die anderen ja eh mögen. Warum sollten sie nicht, sie tun es doch bisher auch meistens. Und selbst wenn nicht, dann ist das deren ihr Problem und nicht meins.

Und nun kommt der Widerspruch, denn andererseits wundere ich mich dann auch darüber, dass mich jemand in seiner Gruppe dabei haben möchte. Mich? Echt jetzt? Nun denn. Ich freue mich, mache gegebenenfalls mit und sehe überall Zeichen, dass ich eigentlich doch nicht dazugehöre und die anderen sich nur nicht trauen, mich wieder rauszuwerfen. Ich neige dann dazu, mich auf die eine oder andere Art andauernd versichern zu müssen, tatsächlich dazuzugehören oder aber still und heimlich der Meinung zu sein, eben nicht dazuzugehören und mich mehr oder weniger ausgeschlossen zu fühlen, obwohl ich doch dabei bin und überhaupt keinen Grund habe, alles anzuzweifeln.

*

Was auch kompliziert ist:
Kürzlich fragte mich jemand, worum es in der Stapelverarbeitung denn eigentlich ginge.
Nichts schlimmeres als diese Frage.
Es soll ja Schreibende geben, die nichts lieber tun, als über ihre Geschichten und Figuren zu erzählen. Ich hingegen möchte jedem am liebsten nur „dann lies es halt selbst“ an den Kopf werfen.
In diesem Fall bot sich diese Antwort nicht unbedingt an, daher sagte ich erst einmal sehr lange Zeit gar nichts, bevor ich schließlich anfing, ähms und öhms aneinander zu reihen.
Der Fragende war da schon mehr auf Zack, fragte Sachen wie: Liebesgeschichte? Familiengeschichte? Historische Erzählung?
Ich verneinte munter drauflos und wusste noch immer nicht weiter.
Familiengeschichte – das vielleicht noch am ehesten. Kaputte Familie, versteht sich.

In Sachen Stapelverarbeitung tut sich momentan auch nichts. Das heißt, ich tue momentan nichts dafür. Weil es so viel anderes zu tun gibt.
Das ich allerdings auch nicht tue.
Aber hey, die Heizungsfrau hat sich gemeldet. Ganz von selbst.
(Sofern man das nach x Nachfragen noch so nennen kann.)

Märchen erzählen

Ich falle immer wieder darauf herein. Gestern kam ich mir unfassbar produktiv vor, wegen allerlei Dingen, vor allem aber, weil ich einen Termin bei der Frauenärztin hatte und somit vor Augen, endlich diesen unsäglich lange vor mir hergeschobenen Punkt abhaken zu können.
Nun ja.
Es fing schon gleich damit an, dass die freundliche Arzthelferin nach Entgegennahme meiner Krankenkassenkarte meinte, ich sei ja überhaupt nicht versichert.
Was nicht stimmt.
Auch hier wieder: jedes Jahr das gleiche Drama. Die Krankenkasse schickt Formulare zur Verlängerung der Familienversicherung. Ich schicke die zurück, dann bekomme ich entweder Post, dass ich noch dies und das und jenes vergessen habe. Irgendwann dann die Nachricht mit der Bestätigung der Verlängerung.
Tage Wochen später bekomme ich eine neue Krankenkassenkarte.
In der Zwischenzeit habe ich dummerweise zwölf Arzttermine und das geht dann zwar alles irgendwie, aber entweder muss ich weitere komplizierte Formulare ausfüllen und/oder nach Wochen, wenn die neue Karte endlich da ist, mit eben dieser noch einmal zu allen Ärztinnen gehen, um eben diese Karte noch einmal vorzuzeigen.
So auch jetzt.
Ein Punkt abgehakt, ein neuer dazu.
Plus drei weitere, denn die Ärztin so: Und dann empfehle ich Ihnen noch dies und das und jenes.

Schwupp, schon war ich an dem Punkt, dass diese ganze Sachen-Abarbeiterei ja wohl überhaupt keinen Sinn macht und wenn das alles keinen Sinn macht, dann kann ich auch einfach nur auf dem Sofa herumsitzen und schlechte Bücher lesen.
Dummerweise hatte ich aber gerade keine schlechten Bücher parat, ich las mich stattdessen durchs Internet, landete irgendwann bei diesem Artikel und somit bei dieser Doku und dann guckte ich die, den ersten und dann auch gleich noch den zweiten Teil und das machte meine Laune auch nicht besser, denn so niedlich das einerseits ist, diese Kinder und was sie sagen, so sehr will ich gleichzeitig den Kopf auf die Tischplatte sinken lassen und „das darf ja wohl nicht wahr sein“ sagen.

Aber natürlich ist das wahr, das wusste ich ja vorher schon.

Ich will jetzt aber gar nicht über „ich wusste gar nicht, dass Mädchen auch Pilotin werden können“ reden, denn was bei mir hängen blieb, war besonders die eine Szene, in der ein Hau-den-Lukas aufgebaut war und die Kinder sich (eigenständig) in eine Reihe einsortieren sollten, ganz vorn diejenigen, die vermutlich am stärksten sind, ganz hinten die schwächsten.
Hinten standen natürlich die Mädchen und ganz hinten standen zwei besonders verschüchterte Mädchen, die sich kaum trauten, den Hammer überhaupt hochzuheben (was jetzt vielleicht klein wenig übertrieben ist. Aber auch nur ein klein wenig).

Jedenfalls, als ich mich vor dem Einschlafen drücken wollte, kam mir diese Szene wieder in den Sinn und ich fragte mich, wo ich mich wohl eingeordnet hätte, damals, vor langer, langer Zeit, als ich mal Zweitklässlerin gewesen war.
Vermutlich im vorderen Drittel der Mädchen, das aber nur, weil die anderen mir gesagt hätten, das sei der Platz, wo ich hingehöre. Und weil ich niemals das Mädchen ganz hinten sein wollte, das ging nicht, dann wäre es ja für alle total offensichtlich gewesen und niemand durfte das wissen, es hätte alles noch viel schlimmer gemacht.

Aber eigentlich war ich genau dieses völlig verschüchterte Mädchen ganz hinten.

Und dann fielen mir all die Momente ein, in denen ich etwas nicht getan habe, weil ich es mir nicht zugetraut habe und weil ich nicht wollte, dass alle sehen, dass ich das nicht kann und eigentlich habe ich mir andauernd nichts zugetraut und selbst wenn, kaum ging der erste Versuch schief, habe ich sofort aufgegeben, weil hey, ich wusste doch gleich, ich kann das nicht. Und im Grunde ist das alles noch immer so, ich bin noch immer das verschüchterte Mädchen ganz hinten und der noch größere Mist ist, dass mich das nicht einmal wütend, sondern einfach nur traurig macht.

Dann noch Collien Ulmen-Fernandes dazu, sie machte alles noch schlimmer, mit ihren großen Augen, ihrem Leuchtgesicht, ihrer „ich höre dir zu, nur dir und du liebe Zeit, ist das alles so interessant, was du sagst“-Ausstrahlung.
(Das ist jetzt vielleicht missverständlich, es hat rein gar nichts mit ihr selbst zu tun, also abgesehen davon, dass ich ihr diese interessierte Haltung total abnehme. Und die ist ja was Gutes, diese Haltung, aber das ist ja das Schlimme, falls Sie verstehen, was ich meine)

Außerdem dachte ich an den anderen Mist, von wegen, das innere Kind an die Hand nehmen. Dieses innere Kind Gerede, das ging mir seit jeher fürchterlich auf die Nerven, aber nun ja, jetzt weiß ich vielleicht auch wieso.

Irgendwann fiel mir ein, dass ich kürzlich von Imagery Rescripting gelesen hatte und hey, das wäre doch die Gelegenheit, es mal auszuprobieren, das Mädchen da hinten an die Hand nehmen, ihr sagen, komm, du schaffst das und wenn nicht beim ersten, dann eben beim achtunddreißigsten Mal.

Und dann wurde alles gut und ich lebte glücklich bis an mein Lebensende.

Spuren von Schnee

Kürzlich Schnee von Maxence Fermine gelesen. Also na ja, angelesen. Dem Buch vorangestellt ist ein Zitat von Arthur Rimbaud: An nichts denken als an Weiß. Vielleicht habe ich das Buch überhaupt nur deshalb angefangen.
Jedenfalls, als ich es dann nicht mehr las, das Buch, wollte ich herausfinden, was es mit diesem Zitat auf sich hat. Das war ein bisschen schwierig, denn die Suche ergab nur den Verweis auf besagtes Buch von Fermine.
Irgendwann kam ich drauf, ins französische Original (von Fermine) hineinzulesen, dort das französische Originalzitat (rien que du blanc à songer) zu finden und nach diesem zu suchen.
Das war aus allerlei Gründen gar nicht so einfach, vor allem, weil ich natürlich nur französische Seiten gefunden habe, mein eigenes Französisch aber nicht allzu viel hergibt.
Irgendwann fand ich dann aber doch heraus, dass Rimbaud im November 1878 zu Fuß die Alpen überquert hat. Mit ziemlich viel Schnee drumherum. Wovon er in einem Brief nach Hause berichtete und aus ebendiesem Brief ist dieses Zitat.
Ich hatte ja eigentlich die Hoffnung, das Zitat-Drumherum gäbe noch mehr her, etwas derartiges, das ich mir ebenfalls sofort irgendwohin notieren will, so war das leider nicht, dafür habe ich noch ein bisschen über Rimbaud herumgelesen. Sehr viel mehr, als das er ein französischer Dichter ist, wusste ich bis dahin nämlich nicht über ihn.

Das schreibe ich, weil es so einen Spaß machte, diese Spurensuche. Und alles nur wegen dieses Buchs, das ich nie zu Ende lesen werde.
Eins der Dinge, die ich am Lesen mag. Man stößt völlig unverhofft auf etwas und ist plötzlich schlauer als zuvor. Oder hat ein neues Lieblingslied. Weiß, was man als nächstes lesen könnte. Oder wie das Wetter auf den Färöer-Inseln ist (das hätte man sich eventuell denken können).

Auch eins der Dinge, mit denen ich mich vor der Stapelverarbeitung drücken kann. Denn die Stapelverarbeitung hängt. Eventuell werde ich aber schon sehr bald wieder mit ihr anfangen, ich muss mir nämlich einen ausformulierten Lebenslauf ausdenken. Maximal 800 Zeichen. Von minimal steht da nichts. Eventuell bin ich also mit Name, wohnt in …, ist alt genug, schreibt schon fertig? Warum eigentlich nicht, das sind ja schon mindestens 41 Zeichen.
Den Lebenslauf brauche ich, weil ich nach Bayern eingeladen wurde. Nach Bayern! Hach. Und alles nur wegen der Stapelverarbeitung. Also einer Variation davon. Die würde nämlich für tendenziell preiswürdig gehalten, daher muss ich die dort vorlesen und zwar genau die. Obwohl ich doch mittlerweile noch siebzehntausend Sachen daran ändern würde. Darf ich aber nicht.
Vierzehn andere müssen auch etwas vorlesen, irgendeiner von uns gewinnt den Preis, dann fahre ich wieder nach Hause und werde drei Tage fort gewesen sein.
Damit kann ich schon Anfang Januar sechs Vorsätze abhaken: allein irgendwohin fahren, mit Übernachtung, mit anderen Schreibenden über Texte reden, in Bayern sein, neue Orte entdecken, neue Dinge tun (und vor lauter Angst zwölftausendmal aufs Klo rennen).
Ich fürchte, das werden alle Vorsätze sein, die ich nächstes Jahr abhake. Aber wer weiß. Außerdem habe ich ja gar keine Vorsätze, genausowenig wie To-Do-Listen.

Und apropos aufs Klo rennen: Der Zahn, von dem der Zahnarzt sagte, Nun, der eine Wurzelkanal ist FachausdruckDenIchVergessenHabe, eventuell geht das gut, vielleicht aber auch nicht – dreimal dürfen Sie raten. Von wegen bis nächstes Jahr.
Na ja, vielleicht geschehen am Wochenende noch wunderliche Dinge und alles wird gut.
Und vielleicht öffne ich auch gleich die Stapelverarbeitung.
Und vielleicht putzt irgendjemand das Bad.
Oder die Heizungsfrau ruft an.

Wahrscheinlicher ist, dass ich gleich Fotos auf buntes Papier klebe.

Noch wahrscheinlicher ist, dass ich irgendetwas lesen werde. Weil ich zurzeit aber ausschließlich auf leichte Unterhaltung Lust habe, diese allerdings am schwierigsten zu finden ist (zumindest wenn ich beim Lesen noch etwas anderes tun will, als die Augen zu verdrehen), habe ich beschlossen, die Frage „was lese ich als nächstes“ zu umgehen, indem ich einfach die vorhandenen Bücherstapel von oben nach unten abarbeite. Daher müsste ich als nächstes Von Beruf Schriftsteller von Haruki Murakami lesen. Das nur deshalb auf dem Stapel liegt, weil ich es mit einem anderen Murakami-Buch verwechselt habe (fragen Sie nicht).

Aber wer weiß, was sich darin nun wieder findet. Eventuell ist die nächste Spurensuche nur zwölf Seiten weit weg.

one in five

Heute heulend* durch den Wald gelaufen. Einen Jäger getroffen. Einen Jäger! Und ich gehe einfach an ihm vorbei. Statt die Gelegenheit zu ergreifen und ins Gespräch zu kommen (einen Jäger könnte ich in Sachen Stapelverarbeitung gut gebrachen). Der Jäger kam natürlich auch nicht mit mir ins Gespräch, die Leute kommen selten von selbst mit mir ins Gespräch, vermutlich vor allem dann nicht, wenn ich tendenziell verheult aussehe.
Den Jäger also vorbeilaufen lassen.

Dabei begann der Tag gar nicht so schlecht. Also eigentlich schon, ich hatte nämlich mal wieder einen Zahnarzttermin. Als ich dann aber beim Zahnarzt an der Anmeldung stand, schauten sie mich erst groß an und schickten mich dann wieder fort, ich war nämlich eine Stunde zu früh da.

Diese Gelegenheit Stunde dazu genutzt, die schlimmsten Prokrastinationsbrocken anzugehen. Unter anderem die Heizungsfrau, Sie erinnern sich vielleicht. Dieses Gespräch habe ich nun schon ein paar Mal geführt:
Um was geht es? Ah ja. Das muss ich noch mal absprechen. Wir melden uns dann bei Ihnen.
Tja nun, da glaube ich jetzt nicht mehr so dran. Aber was soll man machen.

Dann beim Garagenmann angerufen. Stellt sich raus, der Garagenmann war früher der Kellermann und als Kellermann schon einmal bei uns vor Ort. Das ist vor allem deshalb erwähnenswert, weil uns fortwährend die Garagenmänner abhanden kommen. Derart, dass ein Garagenmann zu uns kommt, Dinge erzählt und wenn wir ihm daraufhin noch eine E-Mail schreiben, weil wir siebentausend Fragen vergessen hatten zu stellen, bekommen wir die Antwort, dass der Garagenmann nicht mehr in diesem Betrieb arbeiten würde. So langsam keimte der Verdacht, auf unserer Garage läge ein Garagenmännerfluch.

Der Garagenmann, der mal der Kellermann gewesen war, hatte jedenfalls gute Neuigkeiten. Über diese habe ich mich so lange gefreut, bis ich später mit dem Gartenmann gesprochen habe, der nämlich zeigte sich höchst entsetzt darüber, dass wir bald eine Garage haben. Das sei nun wirklich ganz schlecht und er würde uns in jedem Fall davon abraten, um Himmels willen, niemals.
Endlich kommt mal einer und sagt uns, was wir alles falsch machen besser machen könnten, aber dummerweise gerade dann, wenn es eigentlich schon zu spät ist.

Momente, an denen ich mich in eine Mietwohnung zurückwünsche.

Zwischen Garagenmann und Gartenmann war ich beim Zahnarzt. Das trug nicht eben zur Aufheiterung der Lage bei.
Liebe Natalie.
Ich vermisse Sie. Ich vermisse Sie ganz doll und natürlich hauptsächlich dann, wenn ich beim Zahnarzt bin. Ich fürchte, ich habe Ihnen das nie persönlich gesagt und hier werden Sie wohl leider auch nicht mitlesen. Aber wenn, dann wüssten Sie, wer ich bin, doch, ganz sicher, Sie sind so eine, die auch nach zwanzig Jahren noch die Namen ihrer Patientinnen kennt oder zumindest weiß, es mit einer Patientin zu tun zu haben. Eine, die freundlich „Frau K., wie geht es Ihnen denn?“ fragt und dann auch tatsächlich an einer Antwort interessiert ist. Und sollte ich Sie jemals verheult im Wald treffen, wüssten Sie mit Sicherheit etwas Aufmunterndes zu sagen. Sie würden auch nicht um mich herum räumen, säße ich im Behandlungsstuhl, zumindest nicht in der Form, dass ich mich wie ein störendes Objekt fühle. Sie würden nicht überhören, dass ich Sie etwas frage oder falls doch, hätte ich mit Sicherheit nicht den Eindruck, Sie hätten es überhören wollen. Und dann, wenn der Zahnarzt schon längst wieder weg ist, würden Sie noch so etwas wie „Jetzt haben Sie es überstanden“ sagen und dann würden wir zusammen lachen und Sie würden mir alles Gute wünschen und ich Ihnen auch und alles wäre allein deshalb halb so schlimm, weil es Sie gibt.
Liebe Natalie, ich vermisse Sie und hoffe, es geht Ihnen gut.

Im Wartezimmer traf (s)ich die Spezies: Ältere Herren aus der Gegend. Ich habe eine Schwäche für ältere Herren aus der Gegend. Also für diese spezielle Sorte, die auch in der Zahnarztpraxis so auftaucht, dass man meinen könnte, sie hätten ihren Traktor eben erst direkt vor der Praxistür abgestellt (und würden den Zahnarzt notfalls mit lebenden Hühnern bezahlen). Ältere Herren aus der Gegend fahren zwingend Traktor (zu dem sie natürlich Bulldog sagen, auch wenn es ein [beliebige Traktormarke hier einfügen] ist). Ältere Herren die gern auf Bänken vor ihrer Haustür herumsitzen oder sich anderweitig in ihrem Hof beschäftigen, dabei aber alles genau im Blick haben, vor allem, wer da vorbeikommt und für jeden haben sie einen passenden Spruch parat. Den sie natürlich in die Welt hinausrufen und natürlich reden sie auch kein Hochdeutsch und vielleicht liegt es hauptsächlich an diesem Dialekt, dass ich mich, sobald ich auf einen dieser älteren Herren treffe, sofort wie Zuhause fühle. Was ich dann ja meistens auch bin.

Vorhin darüber nachgedacht, warum dieses mich-Zuhause-fühlen nur für ältere Herren, nicht aber für ältere Damen gilt und dabei festgestellt, dass die älteren Damen einfach nicht sichtbar sind. Weil sie meist nicht auf einem Traktor herumfahren, keine Zeit dazu haben, auf einer Bank herumzusitzen und sich meistens auch eher drinnen als draußen beschäftigen und daher zwar vielleicht auch passende Sprüche parat hätten, aber viel seltener die Gelegenheit, diese auch anzubringen.

Dann über den von der Kaltmamsell verlinkten Artikel nachgedacht, genauer über das von ihr herausgenommene Zitat und wieder einmal völlig ratlos vor der Frage gestanden, wie man die eine von fünf aus diesem dem Zitat entnommenen Zitat sein kann:

Nearly one in five said anti-Semitism in their countries was a response to the everyday behavior of Jewish people.

Dann gedacht, dass ich weiter nicht Kluges dazu sagen kann, mich als nächstes aber daran erinnert, dass ich ja wenigstens öfter „ich bin anderer Meinung“ sagen wollte. Also in diesem Fall: Allein von der Religionszugehörigkeit darauf zu schließen, mit wem man es zu tun hat und dann noch so etwas wie „der hat es nicht anders verdient“ zu schlussfolgern – da fällt mir leider nichts dazu ein, abgesehen davon, dass das ja wohl völlig bekloppt ist.
Gleich weiter zu Fräulen Read On gedacht und ihrem Telefonat mit G. Auch dazu fällt mir leider nichts ein. Außer: Es tut mir so leid, dass so etwas passiert. Was geht es mich an, alles geht es dich an. Und mich auch.

*

Fast vergessen, die schönen Dinge des Tages zu erwähnen. Abgesehen von den üblichen (alle (soweit ich weiß) halbwegs gesund, Wald, Weihnachtsplätzchen, warmes Haus, Ole springt an und sogar auf Anhieb, …) bekam ich heute nämlich Bücherpost. Das Albgeräusch von Sven Koether. Kennen Sie natürlich, sofern Sie auch in der näheren Umgebung mitlesen.
Falls Sie es nicht kennen: Sollten Sie aber.

 


* aus keinen benennbaren Gründen

Black Thursday Night

Nachdem ich gestern Abend derart müde war, dass ich schon gegen zehn Uhr im Bett lag (was in meinem Fall ziemlich früh ist), konnte ich natürlich überhaupt nicht schlafen, also zuerst schon, dann aber nicht mehr, dann doch wieder, dann nicht mehr, undsoweiter. m ging das wohl ähnlich, denn auf einmal hatte ich zu allem Elend viel weniger Platz als vorher, das vereinfachte die Sache nicht unbedingt.

Heute morgen wollte ich dann überhaupt gar nicht aufstehen. Was nicht wirklich etwas Neues ist, im Grunde ist es sogar eher ein Dauerzustand. Dann stand ich aber doch auf, ging ja nicht anders und so gegen zwölf wurde alles wieder einigermaßen erträglich, das ist jetzt auch nicht sonderlich überraschend. Überraschend ist auch nicht, dass es half, nach draußen zu gehen.

Und dort (draußen) einen Eimer (im übertragenen Sinn) voll Spinat zu kaufen. Spinat und ich, das ist eine späte Liebe. Jahrelang dachte ich, dass ich Spinat nun wirklich nicht ausstehen kann, jahrelang machte der MMM nur dann Spinat, wenn ich gerade nicht da war. Ich weiß nicht mehr, wann ich feststellte, dass Spinat nicht nur viel weniger schlimm war als befürchtet, sondern ganz im Gegenteil sogar überaus erfreulich.
Ähnliches übrigens mit Tomaten und Kiwi. Na gut, Kiwis hatten jetzt nicht den durchschlagenden Erfolg, aber vermutlich nur deshalb, weil Obst und ich sich einfach nicht anfreunden können. Abgesehen von Himbeeren, versteht sich.

Im Draußen hätte ich auch beinahe eine Spirituose gekauft, aber dann wusste keiner, was die kostet, beziehungsweise der es wusste, war gerade auf einer Beerdigung. Tja nun. War trotzdem lustig in diesem Laden. m fand das auch, sie hat Gummibärchen bekommen. Ich nicht, Frechheit.

Und ich konnte endlich den Abfallvermeidungsregal* Punkt von der Liste streichen. Da habe ich nämlich die Schwimmwindeln hingebracht und mir im Gegenzug eine Vase mitgenommen. Was jetzt nicht geplant gewesen war, also das mitnehmen (all dieses Zeug!), aber sie war so schön gelb.

Morgen wird alles gut, morgen machen wir Holz. Ich liebe Holz machen. Ich habe nur ein bisschen Angst, mich darauf zu freuen, denn üblicherweise kommt es dann so, dass es aus Eimern regnet oder m am Rad dreht oder mir kotzübel ist oder wasweißich.
Aber Holz machen! Hach.
Holz machen ist auch ein bisschen wie Spinat. Früher fand ich das doof. Aber kaum muss man nicht mehr jeden zweiten Samstag an der Säge stehen und Holzscheite herumwerfen, schon ist es ein großer Spaß.
Also vielleicht hoffentlich.

Gestern und heute passierte natürlich rein gar nichts in Sachen Stapelverarbeitung.

Gestern habe ich immerhin ein Buch gelesen, 36 Fragen an dich von Vicki Grant (Jugendbuch). Das war genau das richtige Buch zur richtigen Zeit, angenehme Unterhaltung, nicht besonders anstrengend, nicht besonders mitnehmend, eben einfach schön unterhaltend, dabei auch nicht völlig banal, vorhersehbar und meine-Güte-so-redet-doch-niemand-miteinander-was-sind-das-für-Vollpfosten-Figuren.
Heute lese ich dann bei Frau Nessy diesen Eintrag und denke kurz, sie hat das gleiche Buch gelesen wie ich, stimmt aber nicht (also nicht dass ich wüsste), nichtsdestotrotz ist das, also ihr Link zu diesem Artikel, mal wieder einer dieser lustigen Zufälle, denn in diesem Artikel geht es um genau die gleichen 36 Fragen.

 


* das heißt wirklich so!

Hopp, hopp

Eigentlich wollte ich gestern zum Niemann-Interview noch etwas dazuschreiben, so in der Art, warum ich mir das anhöre und warum alle anderen das auch tun sollten. Dann fiel mir aber nichts ein. Heute morgen habe ich das mittlere Drittel des Interviews erneut gehört, das letzte Drittel überhaupt zum ersten Mal und da fiel mir auf, dass ich gestern hätte schreiben können, dass er sagt, man müsse reduzieren. Er hätte das im Laufe der Jahre gelernt. Reduktion ist quasi immer gut, weil sie bewirkt, dass derjenige, der seine Sachen „konsumiert“ gleichzeitig auch etwas „produziert“, also etwas in die Bilder hineintut, von sich selbst, und das könne er nicht, wenn alles schon da wäre.
Na, das höre ich gern.
Dann sagte er noch, man solle dem Prozess vertrauen. Wenn man Arbeit reinsteckt, wird schon irgendetwas dabei herauskommen. Was jetzt natürlich sehr vereinfacht und wie obiges in meinen eigenen Worten, wie ich es verstanden habe, hier steht.

Die Sache mit „dem Prozess vertrauen“, die habe ich auch schon in einem ganz anderen Umfeld zu hören bekommen, schon da fand ich das ziemlich schlüssig.

Vertraue ich also dem Prozess. Und sobald alle Schnipsel auf den Stapeln „aussortiert“ oder „verarbeitet“ gelandet sind, kann ich immer noch herumjammern.
Nun ja, erinnern Sie mich bei Gelegenheit daran.

Gestern auch noch das ebenfalls gestern erwähnte Messer-Buch gelesen durchgeblättert. Wieder einmal gedacht, dass ich das selber machen müsste. Also ein Messer schleifen, beispielsweise.
Tja nun.
Davon abgesehen aber doch einige brauchbare Dinge aus dem Buch gelernt und mindestens zwei Ideen gehabt, die eventuell zu weiteren Schnipseln werden.

Heute dann einen dieser Tage erwischt, an denen man siebentausend drei Sachen erledigt und sich unglaublich produktiv vorkommt. Nämlich Lebensmittel einkaufen (schon wieder), diverse andere Dinge einkaufen, Schuhe für m kaufen (schon wieder). Dieses Mal in dem anderen Schuhladen gewesen. Und schon wieder gedacht, dass ich nächstes Mal nur noch in diesen Laden gehe. Weil da so ein netter Verkäufer ist, der dafür sorgt, dass ich mir nicht vorkomme, als würde ich stören.

Genau das gleiche dann auch in der Bücherei erlebt, in der anderen. Die freuen sich darüber, dass wir da sind! Na gut, vor allem freuen sie sich über m, wer will es ihnen verdenken.
m wollte natürlich gerade heute, als wir gar nicht so viel Zeit zum Vertrödeln hatten, ihre Bücher selbst aussuchen und zwar ohne mich. Ich hätte also in aller Ruhe durch die Regale stöbern können, aber nein, ich stehe neben ihr und sage Hopp, Hopp.

So jemanden bräuchte ich jetzt auch, eine, die sich neben mich stellt und Hopp, Hopp sagt. An die Arbeit, Stapelverarbeitung, los, los.

Das Sofa der unerwünschten Bücher

und vermutlich werde ich morgen von all dem schon wieder nichts wissen wollen
Morgen? Haha. So lange musste ich gar nicht erst warten. Was für eine bekloppte Idee, dachte ich schon gestern Abend, neben „das wird dann aber ein dünnes Bändchen“ und „wo soll eigentlich der ganze Inhalt herkommen?“
Die Stapelverarbeitung endete gestern eher unbefriedigend, nämlich darin, dass ich dachte, alles, was ich noch auf den Stapeln habe, sei doch längst schon geschrieben, alles weitere also auch nur ein Wiederholung dessen, was schon da war und alles, was keine Wiederholung ist, passt nicht dazu und muss aussortiert werden.
Nun ja, bei Licht betrachtet, ist es vielleicht nicht ganz so schlimm.
Aber muss das immer so ein hin und her sein?

Gestern mit m und der Oma Schuhe einkaufen gewesen, also für m. Im Schuhladen in der Rosa-Hellblau-Hölle gelandet. Und herrje, müssen wirklich überall Einhörner drauf sein (Verzeihung, Frau Einhorn)? Mit Glitzer? Und Puscheln? Und überall Filz, diesen Filz-Hype kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Sieht vielleicht hübsch aus, aber das will doch keiner anfassen, ich zumindest nicht.
Ein Glück hat das Kind noch keine eigene Meinung zu Schuhen, geht man mit dem Kind ins Schuhgeschäft ist das wichtigste, dass es dort eine Rutsche gibt, daher kann man ihm, dem Kind, problemlos die harmlosesten Schuhen von allen unterjubeln. Sofern man es von der Rutsche wegbekommt, um die Schuhe anzuprobieren.
Mädchen wollen nun mal pink mit Glitzer, sagt die Schuhverkäuferin. Ja klar, vor allem, wenn sie das von dir und siebentausend anderen Leuten eingeredet bekommen.
Und ja, ich weiß, irgendwann wird vielleicht auch m auf pink mit Glitzer bestehen, aber mei, ich fände es trotzdem schöner, gäbe es einfach Schuhe für Kinder und nicht solche für Jungs und Mädchen.

Dann natürlich die Gelegenheit genutzt, noch in der Bücherei vorbeizugehen. Die Oma ganz begeistert von Vom Glück zu zweit zu sein von Nadine Brun-Cosme und Olivier Tallec, also für m. Der MMM und ich eher nicht so. Erstens wegen der Holzhammer-Message, dann aber auch, weil: hat sich die Autorin das selbst mal vorgelesen? Spätestens beim hundertfünfzigstem „der kleine Wolf/der große Wolf“ war ich bereit, das Buch hinter Sofa verschwinden zu lassen. Oder im Sofa, denn ja, das geht bei uns. Oder vielmehr ging. Nachdem der MMM kürzlich eine halbe Stunde damit verbracht hat, sein Handy wieder aus dem Sofa herauszufriemeln, haben wir einen Lüftungsfilter im Sofa verbaut. Müssen wir unliebsame Bücher wohl anderweitig verschwinden lassen.

In der Bücherei lag auch total zufällig ein Buch über Messer herum, das kommt mir sehr gelegen, so in Sachen Stapelverarbeitung.

Und Mehr Schwarz als Lila von Lena Gorelik habe ich auch mitgenommen, also für mich. Und auch gleich gelesen. Hinterher im Internet nach Meinungen dazu geforscht, dabei auf einen Blog gestoßen, in dem die Bloggerin mit dem Buch auf einem Strandlaken posiert. Was soll das denn? Ich musste jedenfalls sogleich an Celeste Barber denken.
Im Internet habe ich nach Meinungen gesucht, weil ich etwas unentschlossen war, was ich von dem Buch halten soll. Nun ja, das weiß ich jetzt immer noch nicht, es fand sich keine passende Meinung. Muss ich mir wohl doch selbst eine machen.

Bei der Suche nach einem Link für das Wolfsbuch auf eine Meinung zu ebendiesem gestoßen. Geht das: Ein Bilderbuch über Freundschaft ohne einen Schatten von Kitsch? Ja, meint der Artikel. Nun. Rührselig wäre jetzt so ungefähr das erste Adjektiv, das mir zu diesem Buch eingefallen wäre.
Aber vielleicht habe ich heute auch einfach nur schlechte Laune.

Eins, zwei, drei Bücher

Gestern tatsächlich noch Punkt B erreicht. Weil, die Reihenfolge schien einigermaßen standzuhalten, eine Lücke ließ sich auch nicht mehr ausmachen, also los.
Danach allerdings gleich wieder vom Text losgesagt, dieses Mal aus Gründen der Blindheit gegenüber dem, was ich schon zig Mal geschrieben habe.
Daher auch heute morgen die Gelegenheit ergriffen, mich im Wald durchpusten zu lassen, ganz allein. Vom Wald habe ich allerdings nicht viel mitbekommen, wegen all der Gedanken. Die Schnipsel werden ein Buch. Ich muss das mal hierher schreiben, bevor ich es mir selbst wieder ausrede. Vorhin im Wald war das nämlich ganz klar, ganz eindeutig, dass das ein Buch wird und wenn es auch nur eine Ausgabe davon geben wird, für mich allein.
Das ist in meinem Fall ein ziemlich neues Gefühl, ich hatte noch nie den Drang, etwas, das ich geschrieben habe, zwingend hinter Buchdeckeln vorfinden zu müssen, aber in diesem Fall scheint es dazuzugehören.
Vermutlich werde ich auch die üblichen Wege gehen, Agenturen, Verlage anschreiben, was man eben so macht, aber vorher, vorher will ich mein eigenes Buch haben, das, von dem ich ganz genau weiß, wie es aussehen soll (und wie nicht). Passiert ja nicht oft, dass ich etwas ganz genau weiß und will (und vermutlich werde ich morgen von all dem schon wieder nichts wissen wollen).

Heute morgen ein Interview mit Christoph Niemann gehört, von Christoph Niemann habe ich mir Anfang des Jahres dieses ganz wunderbare Buch schenken lassen.

Gestern auch noch mit Sturmhöhe angefangen. Der Herr Buddenbohm erzählt ja andauernd davon, das ist schon ein klein wenig ansteckend. Nun hatte ich das Buch aber schon einige Male angefangen und ich glaube, ich breche tatsächlich immer an der gleichen Stelle ab, nämlich die, an der theoretisch aufgedröselt wird, wer jetzt eigentlich wer ist und wie die alle miteinander in Verbindung stehen. Der von Herrn Buddenbohm verlinkte Artikel bringt das schön auf den Punkt:

[…] aber durch Eheschließung und die entsprechenden Namensänderungen sowie den Umstand, dass drei der männlichen Hauptpersonen auch noch alliterierende Namen – Hindley, Heathcliff, Hareton – tragen, kann es schon passieren, dass man ein wenig den Überblick verliert.

Den Überblick verlieren, das würde ja bedeuten, man hätte einen solchen gehabt. Kann ich jetzt nicht behaupten und nun ja, ich hatte gestern dann auch nicht mehr so richtig Lust, mir einen zu verschaffen.

Dazu passt dann wiederum dieses Zitat aus dem oben genannten Niemann-Buch:

In dem verführerischen Meer der geschmeidigen Zwei-Sekunden-Lacher dürfen wir nicht vergessen, dass Kunst, die uns wirklich bewegt, oft langsam, seltsam und irritierend ist.

Vielleicht gebe ich der Sturmhöhe ja doch noch eine Chance. Dummerweise habe ich nicht die Ausgabe mit der „Genealogische Tafel der Familien Linton & Earnshaw“ von der im verlinkten Artikel die Rede ist, aber nun, die könnte ich mir ja selbst zusammenbasteln, diese Tafel. Und sobald ich das geschafft habe, sollte ich dann auch begriffen haben, wer wer ist.

Von A nach B

Die Stapelverarbeitung stockt. Befindet sich an Punkt A, in naher Ferne ist Punkt B abzusehen, an den ich mich aber noch nicht herantraue, der auch noch keinen Sinn macht, denn dazwischen klafft eine Lücke, was da hinein soll, weiß der Geier, ich hingegen weiß noch nicht einmal, in welchem Stapel ich nach dem Lückenfüller suchen könnte.
Interessanterweise fällt es mit diesem Status leichter, die Datei zu öffnen. Weil sich ja eh nichts tut. Ich klicke hinein, lese herum, ändere da einen Satz, füge hier was hinzu, lösche dort etwas weg und dann, auf einmal fällt mir auf, dass genau das passiert ist, was einem (unter anderem) angedroht wird, wenn man ohne Plan Schnipsel aneinanderreiht: Die Reihenfolge stimmt nicht. Stimmt nicht bedeutet zum Beispiel, dass auf Seite 48 jemand tot ist, der auf Seite 54 noch am Leben sein sollte.
Das ist natürlich eher schlecht.
Eher gut ist, dass ich zufällig herausgefunden habe, wie ich im Dokument ganz einfach Kapitel hin- und herschieben kann. Obwohl das vielleicht auch wieder schlecht ist, denn nun schiebe ich lustig Kapitel hin und her, weil das so schön einfach ist, anstatt in aller Ruhe zu überlegen, was denn nun genau wohin gehört.
Eher gut ist natürlich auch, dass ich jetzt wieder etwas zu tun habe, die richtige Reihenfolge finden nämlich und wer weiß, vielleicht gibt es gar keine Lücke mehr, wenn diese Aufgabe vollbracht ist.

Zwischendurch suche ich verzweifelt nach Ablenkung, nur, zum Lesen habe ich noch immer keine rechte Lust.
Ich lese natürlich trotzdem, was soll man auch sonst machen.
Zuletzt Mein Leben von Marcel Reich-Ranicki. Was ich hier vor allem deshalb schreibe, weil ich dieses Buch vor allem aus dem Grund gelesen habe, dass andere Leute mir andauernd Zitate daraus vor die Füße geworfen haben, na ja, nicht so direkt, aber irgendwie eben doch und ja, lesen Sie das Buch, es lohnt sich. Sage ich, obwohl ich einiges davon nur überflogen haben.
Die Alternative (zum Lesen), nämlich die Heizungsfrau anzurufen, die muss natürlich unter allen Umständen prokrastiniert werden, daher habe ich heute schon Rauchmelder-Batterien getauscht, Wäsche aufgehängt, Daten gebackupt, fast die Fliege erwischt, die mich seit Tagen in den Wahnsinn treibt und des Kindes Spielzeugnudeln neu eingetütet.
Was man halt so macht.

Dilemma mit Hamster

Heute einkaufen gewesen. Eigentlich gehe ich gern einkaufen, Lebensmittel zumindest (und Bücher natürlich, aber das wissen Sie ja). Jetzt aber, wo quasi der ganze Vormittag (oder Nachmittag) dafür drauf geht und ich gefühlt alle Tage irgendwas einkaufen muss, kommt mir die Lust ab und an abhanden (wie anderen Leuten ein Stock oder Hut*).
Ich könnte ja einfach viel mehr auf einmal einkaufen. Theoretisch. Praktisch aber kann ich das nicht aushalten. Dann liegt das alles hier herum und muss verarbeitet werden. So ein Stress. Also gar nicht mal das Verarbeiten selbst, mehr die Gedanken daran. Außerdem würde das bedeuten, dass ich immer schon wissen müsste, was ich, beziehungsweise wir, die nächsten Tage essen wollen. Quasi einen Plan machen. Tatsächlich habe ich das gestern versucht, ich habe Pfannkuchen, Kartoffelbrei und Spaghetti notiert (drei Gerichte natürlich. Nicht eins). Dann das Blatt zusammengeknüllt, verächtlich Pläne! gesagt und das Blatt in den Mülleimer entsorgt.

Ja, so sehen sie aus, meine Probleme. Hab ich ein Glück. Andere haben gar nichts zu essen. Oder müssen ein Budget jonglieren, das immer zu klein ist.

Eigentlich wollte ich aber von der Stapelverarbeitung erzählen. Nachdem ich tagelang vor ihr davon laufen wollte (und es auch getan habe), ist momentan alles wieder ein klein wenig einfacher.
Zwischendurch hatte ich sogar eins dieser Aha-Erlebnisse – man schreibt von einem blaugrünen Hamster, fragt sich, wo der jetzt plötzlich herkommt und was der hier soll, vergisst den Hamster dann wieder und hundertachtundzwanzig Tage später fällt einem plötzlich ein, wozu man den Hamster braucht. Hurra.
Später löscht man den Hamster dann wieder weg. Aber egal.
Jedenfalls habe ich heute einen weiteren Stapel auseinander genommen und neu unterstapelt. Aus eins mach drei.
O_O
Gerade merke ich, dass ich Hamster geschrieben habe. Ausgerechnet! Weil, als ich das vor drei Sätzen geschrieben habe, dachte ich nicht weiter darüber nach, dachte nur, Ach, nimm halt irgendein blödes Beispiel, Hamster, na gut, nehme ich.
Und hundertachtundzwanzig Tage drei Sätze später merke ich: Hamster! Ist jetzt nicht wahr (leider kann ich Ihnen nicht verraten, warum ich das so unglaublich finde, Sie müssen mir das einfach glauben. Oder halt nicht)!

So, jetzt muss ich aber weiterstapeln.

 


* Herr Buddenbohm schrieb doch kürzlich über Automatismen im Hirn, dass ist so einer bei mir, dieses Wort, abhanden, immerzu muss ich bei ihm an Erich Kästners Sachliche Romanze denken.